Chris Baker – „Sunday Football“ (Fotobuch Plauder Ecke #17)

Vielleicht habt Ihr unsere letzte Folge der Fotobuch Plauder Ecke gesehen oder gehört: Wir haben uns auf die Hörer:innen Challenge eingelassen, einmal eine Folge lang nicht über Fußball zu plaudern. Nun, ob wir es geschafft haben oder nicht, dazu müsst Ihr einfach mal reinhören. Aber eines war uns schon klar, wir werden uns auf jeden Fall revanchieren und den Verzicht kompensieren: Mit einer ge“ball“ten Fußballfolge in unserer Februarfolge.

Wir haben die Gelegenheit genutzt, an einem Wochenende Anfang Februar und zu treffen und gleich mehrere Spiele zu besuchen. Zwischen zwei Matches haben wir diese Folge schließlich aufgenommen und na klar, das Motto der Bildbände war natürlich „Fußball“ (wie schon einmal letzten Sommer anlässlich der Fußball Europameisterschaft in Deutschland).

Entschieden habe ich mich für das Buch „Sunday Football“ von Chris Baker. Erwähnenswert neben dem Buch an sich ist auch der Verlag „Hoxton Mini Press“, in dem das Buch erschienen ist. Hoxton Mini Press ist nämlich ein kleiner, unabhängiger Verlag aus dem kreativen Herzen Londons, der sich der Liebe zu Fotobüchern widmet. Gegründet wurde der Verlag von Martin Usborne und Ann Waldvogel, einem kreativen Paar, das ihre Leidenschaft für Fotografie und Design teilt.

Mit einem Fokus auf urbanen Lifestyle, Street Photography und authentischen Geschichten bietet der Verlag eine ganz eigene Plattform für Fotograf:innen. Jedes Buch überzeugt durch seine hochwertige Verarbeitung und die Liebe zum Detail – perfekt für Sammler und Fotografie-Enthusiast:innen, die auf der Suche nach dem Besonderen sind. Ich kann Euch die Bücher vom Hoxton Mini Press wärmstens empfehlen!

„Sunday Football“ wiederum ist als Buch 10 der Reihe „East London Photo Stories“ erschienen, die sich in insgesamt 13 Büchern mit Londons „most diverse, colorful area“ beschäftigen. Der komplette Bildband handelt ausschließlich von den Hackney Marshes (128 Seiten, 1. Auflage 2016, handliches 14*20 cm Format, Neupreis 18,95 Euro, nur noch gebraucht zu bekommen. Allerdings gibt es neu noch die Collectors Edition für etwa 60 Euro – links unten)

Die Hackney Marshes

Die Hackney Marshes sind ein weitläufiges Grüngebiet im schon genannten Osten Londons. Für die Welt des Amateurfußballs sind sie geradezu legendär. Denn mit über 80 Spielfeldern gelten sie als eines der größten Zentren für Freizeitfußball in Europa. Hier treffen sich jeden Sonntag Mannschaften aus unterschiedlichsten Hintergründen, um das Spiel in seiner pursten Form zu zelebrieren – ohne großen Glamour, aber mit umso mehr Herzblut. Die Marshes sind nicht nur ein Ort für über 100 Spiele jeden Sonntag (!), sondern auch ein kulturelles Symbol für den Community-Spirit Londons, ein tpyischer Melting Pot der englischen Hauptstadt.

Sunday Football von Chris Baker

Chris Baker hat in “Sunday Football” von in de frühen 2010er Jahren die Essenz dieses Ortes eingefangen: den Matsch, die improvisierten Linien, das Lachen und die Leidenschaft, aber auch die Brutalität, die auf diesen Feldern zu Hause sind. Es ist für mich eine sehr offensichtliche Botschaft: Die Hackney Marshes sollten uns alle daran erinnern, dass Fußball überall und für jeden zugänglich sein sollte – und damit schöne Grüße an die FIFA!

Ihr seht es vor allem auch an den Bildbeispielen. Chris Bakers Fotobuch “Sunday Football” ist mehr als nur ein Bildband – es ist eine Ode an die rohe, an die ungeschönte Seite des Fußballs. Während sich die Kameras der Welt auf die glitzernden Stadien und Millionen-Deals des Profifußballs richten, lenkt Baker seinen Fokus auf die matschigen Felder, improvisierten Tore und die Menschen, die den Fußball im Herzen tragen. Ich möchte mein eigenes Fußballbuch da nicht zu hoch hängen, aber es erinnert mich an die Bedeutung der Stadionwurst und ihre Symbolik für das, was der Kern des Fußballs eben ist.

Was dieses Buch weiterhin so besonders macht, sind die Menschen, die Baker porträtiert (das Buch beschränkt sich leider auf den Fußball der Männer). Hier gibt es keine Stars, sondern echte Persönlichkeiten: Der Spieler, der sich nach einer Grätsche den Matsch aus dem Gesicht wischt. Der Schiedsrichter, der in seiner gelben Jacke das Chaos zu bändigen versucht. Oder die Zuschauer, die mit einem Becher Tee in der Hand die Kälte trotzen. Es sind Szenen voller Leben, Humor und Authentizität.

Bakers Stil ist unaufdringlich, fast beobachtend. Er scheint unsichtbar zu sein, wenn er die Menschen und die Umgebung einfängt. Die meist stark entsättigten Bilder verstärken die zeitlose Qualität der Szenen, während sie gleichzeitig die rauen, ehrlichen und manchmal fast schon brutalen Emotionen der Spieler hervorheben.

Chris Baker hat mit diesem Bildband ein Buch geschaffen, das nicht nur den Sport, sondern auch die menschliche Leidenschaft feiert. Es ist ein Buch, das ich nicht nur einmal anschaue, sondern immer wieder zur Hand nehme – weil es daran erinnert, warum wir alle diesen Sport so sehr lieben.

Links / Zum Weiterlesen

Drei weitere Empfehlungen

  • Passend zum Thema Fußball und eine Prise „Sunday Football“ finde ich das Instagram Projekt „Echte Rudelbildung“ von Mark Vries. Seit über drei Jahren dokumentiert Mark die Ü40 Senioren des SC Ellerau. Schwarzweiß gehalten auf Instagram, viele Portraits, Blicke in die Kabine, aber auch vom Spielfeld.
  • Philipp Meiners aus Vechta hat ein eigenes Magazin, das PSM („Phil’s Street Magazine“). Gerade ist Ausgabe #3 mit dem Motto „Mystisch Abstrakt“ erschienen. Jede Ausgabe ist solch einem Motto gewidmet, in dem Philipp seine eigene Bilder zeigt, aber immer begleitet von drei weiteren Fotografen, die er passend zum Motto aussucht. Die letzte Ausgabe behandelte Istanbul (vergriffen wie übrigens auch die Erstausgabe – erhältlich ist aber jeweils noch die digitale Ausgabe). Das Magazin #3 zeigt auf 90 Seiten das Thema „Mystisch Abstrakt“. 10 Euro inklusive Versand, wobei die Erlöse einem guten Zweck dienen. Neben Philipp findet Ihr Arbeiten von Chad Amory, Lars Graulo und Stefan Lauterbach.
  • Mit mehreren Fotografen arbeitet auch Wilhelm Heim in seinem „Zine Graphie“ (Untertitel: Grautöne mit lyrischem Duft). Elf Fotografen haben jeweils ein Bild eingereicht, zu denen Wilhelm Gedichte schreibt. Ihr findet dort jeweils eine schwarweiße quadratische Aufnahme – alsoquasi ein Mittelformatlook – und dazu seine Gedanken. Die Tonalität ist sehr nachdenklich, das Magazin in Schwarzweiß mit dem ungewöhnlich großen Format unterstreichen das. Für 15 Euro könnt Ihr die erste Ausgabe des Zines direkt bei Wilhelm bestellen.

Den Podcast und die anderen Folgen der Fotobuch Plauder Ecke findest Du bei Spotify, Apple Podcasts, Google Podcasts, Deezer und allen gängigen Plattformen. Und zusätzlich bei YouTube als Video Podcast. Damit Du keine Folge verpasst, lass gerne ein Abo auf der Plattform Deines Vertrauens da!

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