Mit der Leica Akademie am Dachstein

Mit der Leica Akademie war ich in den letzten Jahren ja schon häufiger unterwegs. Zumeist auf den Rosenbuben-Touren, also mehrere Tage unterwegs in den Bergen mit Zelt oder Tarp und der kompletten Verpflegung. Touren, die von den Bedingungen her in vielerlei Hinsicht extrem sind, schließlich ist man dem Wetter unabdingbar ausgesetzt. Glaubt mir, da war auch das ein oder andere heftige Unwetter dabei, dem wir aber dank weiser Vorrausicht, Planung und Erfahrung immer gut entkommen konnten.

Der eigentliche Klassiker unter den Bergtouren im Programm der Leica Akademie ist die traditionelle Dachsteinwoche, die schon seit bald dreißig (!) Jahren durchgeführt wird. Immer wieder habe ich von dieser Tour gehört, verspricht sie doch schönste Aufnahmen und Bergerlebnisse, der Höhepunkt ist eine Übernachtung auf der 2.740 Meter hoch gelegenen Seethalerhütte. Mit der Möglichkeit atemberaubende Aufnahmen bei Sonnenauf- und -untergang machen zu können. Klar, dass ich mir das nicht entgehen lassen möchte.

Bevor es jedoch Anfang Oktober in die österreichischen Alpen geht, sind es zwei Erlebnisse, über die ich kurz berichten möchte. Bereits im Mai hatte ich beim Horizonte Festival in Zingst einen Leica Akademie Kurs zum Thema Schwarz-Weiß Fotografie belegt (Bericht dazu hier). Kurs- und Akademieleiter Olly Richter hatte dort nicht nur ausführlich für die Dachsteinwoche Werbung gemacht, sondern mich auch mit den Worten „Was machst Du denn hier? Du gehst doch sonst nur auf die Rosenbuben-Touren“ begrüßt. Im Nachhinein denke ich, er wusste genau, was er da gesagt hatte, das konnte nur (s)ein Versuch sein, mich für die Dachsteintour zu überreden. Und da mir der Kurs so gut gefallen hatte, war ich auch ziemlich schnell angefixt.

Das zweite Erlebnis vor der Dachsteinwoche führt mich dann im September nach Wetzlar. Ich war beruflich in Frankfurt gewesen und hatte mir kurzerhand einen Tag Urlaub genommen um auf der Rückreise nach Hamburg einen Stop im Leitz-Park in Wetzlar zu machen. Schon lange wollte ich einmal eine Tour durch die Galerie machen, das Museum besuchen und den Geist von Leica vor Ort atmen.

Im Leitz Park in Wetzlar

Und was soll ich sagen? Es ist wirklich beeindruckend eine Runde durch den Leitz-Park zu drehen (übrigens auch durch die historische Altstadt von Wetzlar – auch hier bin ich dauernd über Fotografiegeschichte gestolpert). Das i-Tüpfelchen war aber die ausführliche Privatführung, die ich von Olly Richter bekommen habe. Ob es das Studio ist, das ich sehen darf. Oder die nicht öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten der Leica Akademie. Oder die exklusive Führung mit einer Menge Anekdötchen durch das Ernst-Leitz-Museum.

Olly nimmt sich Zeit für mich und zeigt mir alles. Ich spüre seine Begeisterung für die Marke und das, was dazugehört. Es ist ein wunderbarer Vormittag, der richtig viel Spaß macht. Und die Vorfreude auf die Dachsteinwoche noch weiter schürt. Nur wenige Tage später ist es nämlich schon so weit!

In Ramsau am Dachstein

Unser Camp haben wir in Ramsau am Dachstein, wobei Camp in diesem Fall ein Hotel mit allen Annehmlichkeiten bedeutet. Es gibt also zu jeder Tages- und Nachtzeit ausreichend zu Essen und sogar einen geheimnisvollen unterirdischen Tunnel zum öffentlichen Schwimmbad, an das auch eine Saunalandschaft angegliedert sein soll. Das alles bleibt zu Beginn der Dachsteinwoche offen, da uns Olly zur Begrüßung eröffnet, dass wir sowieso keine Zeit dafür haben werden (würden). Schließlich werde nicht nur fotografiert, abends würden nämlich Bilder bearbeitet und auch besprochen. In den Dachsteinwoche der letzten Jahre hätte folglich kein:e einzige:r Teilnehmer:in jemals den Weg in die Sauna geschafft, so Olly.

Ich kann Euch sagen, schon am ersten Tag wurde diese Regel gebrochen. So wie viele Traditionen der letzten Jahre. Wir waren wohl auf eine gewisse Art eine ganz besondere Gruppe. Das wird schon an diesem ersten Abend klar. Es soll sogar Teilnehmer:innen gegeben haben, die wirklich jeden Tag in der Sauna saßen, so erzählt man es sich später im Kreise der Leica Fotograf:innen.

Neben Olly Richter ist Herbert Raffalt unser zweiter Kursleiter. Er ist das, was man einen Local nennt. Und vermutlich ist das stark untertreiben. Herbert ist nicht nur ein ausgezeichneter Fotograf, sondern auch ausgebildeter Bergführer. Und vermutlich gibt es kaum eine Person, die sich besser in dieser Region auskennt. Jede Bergspitze, jedes Loch ist Herbert bekannt. Und daher unser perfekter Guide.

Olly und Herbert analysieren jeden Tag aufs Neue das Wetter. Und das müssen sie auch tun, schließlich kann im nächsten Tal die Witterung eine völlig Andere sein, als dort, wo wir gestern noch hinwollten. Zudem ist die Wettersituation äußerst schwierig. Regen, dichte Wolken und Nebel in allen Höhenlagen, das ist die Vorhersage für unsere Dachsteinwoche. Dabei wünschen wir uns das schöne Herbstlicht, in dem das Laub in den schönsten Farben reflektiert. Wir sind ja nicht umsonst Anfang Oktober hier, also zur der Zeit, in der das Leuchten am Schönsten sein sollte.

Die Wahrheit ist eine Andere. Olly und Herbert müssen schon die Sondertrümpfe ausspielen, damit wir hin und wieder gutes Licht und freie Sicht genießen. Zum Beispiel oben auf der Planai, dem Hausberg von Schladming, da haben wir wirklich Glück und tolle Bedingungen. Die fernen Bergspitzen werden von Wolken umhüllt, Dramatik trifft Melancholie. Ideal für die Schwarzweiss-Fotografie.

Schwarzweiss Fotografie in den Bergen

Und so fotografiere ich überwiegend monochrom. Ich habe die Leica SL2-S bei der Akademie ausgeliehen. In Kombination mit den drei Zooms 16-35, 24-70 und 90-280. Ihr könnt es Euch denken, das ist eine wahnsinnig tolles Set, das alle Möglichkeiten der Landschaftsfotografie ermöglicht.

Die Waffe für richtig schlechtes Wetter ist eine Lodenfabrik in der Nähe von Ramsau. Hier verbringen wir einen ganzen Nachmittag und habe die Gelegenheit, die Maschinen und die Produktion zu besichtigen und auch dort zu fotografieren. Wir toben uns aus, von Reportage, Street- und Portraitfotografie ist eigentlich alles möglich. Ich nutze hier das Noctilux 50mm F0.95, natürlich ausnahmslos bei Offenblende. Ich mag den Look, auch wenn es äußerst anspruchsvoll ist, richtig zu fokussieren. Über ich werde immer geübter, da hilft mir die in den letzten zwei Jahren gewonnene Erfahrung im Umgang mit den Ms von Leica. An der SL2-S funktioniert das Scharfstellen des Noctilux aber auch wirklich gut.

Wir lieben die Lodenfabrik aber auch wegen des guten Essens. Und so sind wir sogar zweimal hier um den guten Braten und die exzellenten Desserts zu genießen. Die Gerichte sind so gut, ich habe eigentlich ständig ein schlechtes Gewissen, denn um ehrlich zu sein, sind wir nicht wirklich aktiv. Mit den Kleinbussen erreichen wir unsere photographischen Ziele in aller Regel äußerst komfortabel, was auch völlig okay ist. Schließlich sind nicht alle bergerfahren und – so sagte ja Olly selbst – sind wir auch nicht bei den Rosenbuben. Dafür kommen wir von der Dachsteinwoche weder mit mehr Muskulatur noch mit weniger Speck auf den Rippen zurück.

Wandertouren machen wir unter anderem auf der Planai, an den Riesachfällen in den Schladminger Tauern oder am Johanneswasserfall in Obertauern. Letzterer stürzt über 60 Meter in die Tiefe, die Besonderheit ist, dass man hinter dem Fall durchgehen kann und auf diese Weise spektakuläre Motive einfangen könnte. Dumm nur, dass der Himmel grau in grau ist. Da ist selbst das beste Motiv nur halb so gut. Aber alles halb so wild, das Highlight ist ja die Nacht auf dem Dachstein. Und dafür scheint auch das Wetter zu passen!

Die Tour auf die Seethalerhütte

Für eine Nacht verlassen wir also den Luxus des Hotels und fahren mit der Seilbahn hoch auf den Dachstein. Von hier aus ist ein kurzer Fußmarsch zur Seethalerhütte, wir sind etwa ein Stunde bis dahin unterwegs. Und wir haben wirklich Glück, perfektes Wetter erwartet uns hier oben, wir genießen die traumhaften Blicke in alle Himmelsrichtungen. Bei Herbert erkundige ich mich immer wieder, ob ich die fernen Bergspitzen richtig erkenne, meist liege ich natürlich daneben. Aber dort hinten in nördlicher Richtung, über dem Altaussee, neben dem Loser, das muss doch der Schwarzmooskogel sein, oder? Tatsächlich, diese Ecke habe ich richtig erkannt. War sie doch vor über zwanzig Jahren eine echte Herzensangelegenheit, als ich dort im Toten Gebirge mehrere Jahre lang auf Höhenforschungstouren unterwegs war. Lange ist es her, aber ich schwelge in diesen Zeiten, die so intensiv waren.

So wandern wir alle den Gletscherweg entlang, zücken immer wieder die Kameras und freuen uns auf die Seethalerhütte, dort wo wir den Sonnenuntergang fotografieren werden und am nächsten Morgen – als Highlight – natürlich einen phänomenalen Sonnenaufgang. Schließlich kennen wir ja alle schon die Bilder, wie das aussehen kann, wenn man denn Glück mit dem Wetter hat.

Auf dem Weg zur Seethalerhütte
Auf dem Weg zur Seethalerhütte

Aber genau dieses Glück muss man haben oder eben auch nicht. Am frühen Nachmittag ist der Himmel noch genauso, wie er sein muss, nämlich ausreichend blau, aber auch ausreichend mit Wolken bestückt. Je später es wird, desto mehr werden die Wolken. Das ist fotografisch äußerst reizvoll, insbesondere für meine Schwarzweissfotografie. Aber es ist schon abzusehen, dass es mit dem Sonnenuntergang knapp werden könnte.

Tatsächlich tritt sogar der Super GAU ein. Es ist nämlich nichts zu sehen von einem Sonnenuntergang. Es beginnt sogar zu schneien, was letztlich bedeuten könnte, dass auch der Sonnenaufgang in Gefahr ist.

Zum Glück bietet die Seethalerhütte Wärme und Trost zugleich. Hüttenwirt Wilf zaubert für uns ein fantastisches Drei-Gänge-Menü. Und das schmeckt ja immer noch eine Idee besser, wenn das Wetter draußen so richtig mies ist. Und noch etwas mehr, wenn es dazu gute Drinks und Musik gibt. Denn während wir mit der Witterung Pech haben, ist es ansonsten eine richtig große Portion Glück, die wir gepachtet haben. Erstens: wir haben die Hütte für uns alleine. Zweitens: Wir verstehen uns alle richtig gut. Und drittens: Wir machen aus der Situation das Allerbeste. Die Seethalerhütte wird nämlich in Kürze in ein Tollhaus verwandelt werden. Von uns.

Die Seethlaerhütte auf dem Dachstein
Die Seethalerhütte auf dem Dachstein, da im Hintergrund irgendwo liegen Altaussee, Loser und der Schwarmooskogel.

Bevor es soweit ist, überlegt sich aber jede:r von uns, was wir mit der verkorksten (Foto-) Situation wohl anfangen. Ich für meinen Teil lasse den Blick über das Buchregal schweifen, schließlich hat die Seethalerhütte eine lange und spannende Geschichte zu erzählen, schon seit 1929 werden hier Alpinisten beherbergt. Meine Aufmerksamkeit gewinnen aber vor allem die Jahrbücher des Vereins für Höhlenkunde in Obersteier. Ich ziehe auf gut Glück ein Exemplar von 2007 aus dem Regal. Und natürlich freue ich mich, dass über unsere Höhlenforschungstouren auf dem Schwarzmookskogel ein ganzer Bericht zu finden ist. Ihr könnt Euch vorstellen, dass ich mir natürlich Herbert schnappe, DEN Local der Region. Weil ich ganz stolz bin, dass sich unter dem abgebildeten Höhlenplan des (damals) 59 Kilometer langen Schwarzmooskogel-Höhlensystems mein Name als Planersteller befindet. Immerhin eine der längsten Höhlen der Welt. Und davon kann ich heute Abend Herbert – in Begleitung des ein oder anderen Hüttenschnapses – berichten.

Und dann passiert etwas völlig Irres. Auf einmal sind alle angezündet, es muss einfach der richtige Song zum richtigen Zeitpunkt gewesen sein, den Wilf über die Hüttenanlage abgespielt hatte. Ehrlicherweise kann ich mich nicht erinnern, welches Lied es war. Aber es muss vermutlich etwas gewesen sein, dass wir in den Tagen davor schon mal in unserem Kleinbus gehört – und natürlich – lautstark mitgesungen haben. Ich kann Euch sagen, es folgten viele Lieder und die Nacht ist noch richtig lange geworden.

Der immer stärker gewordene Schneefall sorgte – wie auch unsere persönlich unterschriebenen Verschwiegenheitsklauseln – dafür, dass was in dieser Nacht auf der Seethalerhütte alles noch passierte, auch auf der Seethalerhütte geblieben ist. Nur so viel darf hier verraten werden: In der 27jährigen andauernden Geschichte der Dachsteinwoche hat es solch eine Partynacht noch nie gegeben. Das ist verbrieft von der aller höchsten Stelle. Und damit meine ich die Leitung der Leica Akademie, immerhin der ältesten Fotoschule der Welt. Und die müssen es ja wohl wissen, oder?

Zum Glück verschlafen wir den nicht existenten Sonnenaufgang. Als wir schließlich am späten Vormittag den Rückweg antreten, schneit es noch immer. Alles ist wunderbar verschneit, aber ans Fotografieren ist nicht zu denken. Stattdessen treten wir den Rückweg mit der Dachstein-Seilbahn an, nicht ohne den Angestellten der Bergbahn noch ein Ständchen zu trällern. Soviel Selbstvertrauen haben wir, auch wenn die Stimmen noch nicht alle wieder da sind.

Die Fahrt ins Tal ist gleichzeitig der Anfang vom Ende unserer Dachsteinwoche. Noch einmal rüber zum Lodenwalker, noch einmal einen Saunaaufguss. Wer es noch nicht geschafft hat, macht noch einen Ausflug zum Ramsauer Spiegelsee oder eine kleine Wanderung. Und schließlich dürfen wir alle noch eine Handvoll Bilder einreichen, die von Olly an diesem letzten Abend auf Fineart Papier gedruckt werden.

Was bleibt von dieser Woche? Das Wetter war wirklich ziemlich durchwachsen. Und daher haben wir alle vermutlich etwas weniger farbenfrohe Bilder mit nach Hause genommen als wir das erwartet hätten. Dafür haben wir irgendwie Geschichte geschrieben. Mit einer Sause auf der Seethalerhütte, die ihres Gleichen suchen dürfte. Das ist doch auch was, was jede:r von uns irgendwie mit nach Hause nehmen kann, oder?

Eins war da noch: Analogfotografie am Dachstein

Ganz heimlich habe ich übrigens auch ein paar analoge Aufnahmen gemacht. Neben dem ganzen hochwertigen Digital Gear von Leica habe ich mich kaum getraut, meine Minolta CLE mit dem Voigtländer 35mm F1.4 MC II zu zücken. Immer dann, wenn keiner hingeschaut hat, habe ich die unfassbar kompakte Kombination aus der Hosentasche (!) gezogen. Ja, übrigens auch am Abend auf der Seethalerhütte. Aber das weiß (außer mir) nun wirklich niemand!

Lieber Herbert, lieber Olly. Habt Dank für diese tolle Woche, das hat wirklich sehr viel Spaß gemacht. Auf dass Ihr das mindestens noch weitere 27 Jahre machen werdet!

Links

2 Gedanken zu „Mit der Leica Akademie am Dachstein“

  1. Lieber Florian, toller Bericht, ich mag natürlich die analoge Farbe gern. Kannst du etwas zum Voigtländer 35mm F1.4 MC II sagen? ich suche nämlich gerade ein 35er für analoge Leica. ein weites Feld…
    herzlich Rainer

    Antworten
    • Hallo Rainer, ganz vielen Dank! Ich bin mit dem
      Voigtländer noch etwas unschlüssig, was die
      Charakteristik an Digitalkameras betrifft. Aber es ist super klein und kompakt und es passt zur analogen Fotografie. Ich leihe es Dir gerne! Liebe Grüße

      Antworten

Schreibe einen Kommentar