Für die 35mm Reportage-Brennweite kommt mit dem Viltrox 23mm F1.4 eine echte Alternative zu den hauseigenen Fuji X Objektiven. Seit einigen Wochen habe ich es nun im Einsatz. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen. Das Viltrox 23mm F1.4 liefert dabei richtig gut ab: Viel Licht, wenig Schatten und ein attraktives Pricing.
Eigentlich hatte ich nur zugeschlagen, weil ich einem Schnäppchen mal wieder nicht widerstehen konnte. Über einen Deal bei MyDealz bin ich auf die Osteraktion von AVM Photo aufmerksam geworden, ein britischer Distributeur für Brands wie K&F Concept, Metabones und eben Viltrox.
Für etwa 260 Euro inkl. Versand habe ich das Viltrox 23mm F1.4 geordert, allerdings auch eine längere Wartezeit in Kauf genommen. Als es sechs Wochen später eingetroffen ist, lag es dann auch erst einmal einige Zeit herum. Ich mag ja generell eher Originalobjektive – in diesem Fall also die Fuji X Objektive – als „Kopien“ von Drittherstellern.
Haptik des Viltrox 23mm F1.4
Bei den Viltrox-Objektiven ist aber zu allererst erwähnenswert, dass sie – entgegen der Exemplare von Samyang, 7Artisans oder Meike – mit der Kamera kommunzieren und auch einen Autofokus mitbringen. Der Hersteller bietet sogar an, die Objektiv-Software via USB-Anschluss am Bajonett regelmäßig zu aktualisieren. Die neuesten Updates befinden sich auf der chinesischen Seite von Viltrox, ebenso wie auch Lightroom Profile (Nick Schreger bietet eine YouTube Anleitung, wie man die Updates durchführt).
Das Viltrox 23mm F1.4 ist hochwertig verarbeitet, keine Frage. Auffällig ist die Gegenlichtblende aus Metall. Der Blendenring ist klickfrei, also für Videograf:innen geeignet. Wie immer würden sich die (reinen) Fotograf:innen auch hier eher einen Klick-Mechanismus wünschen. Überraschend finde ich, dass es durchaus schwer ist, es „Gewicht mitbringt“. Und – das muss man im Vergleich zu den neueren Fuji Objektiven anmerken – es hat keinen Spritzwasserschutz. Ohne wenn und aber – es wirkt aber richtig hochwertig.
Von mir gibt es nur einen Kritikpunkt am Äußerden des Objektivs und das ist der fehlende rote Punkt, der mir hilft, das Objektiv beim Wechsel an der richtigen Stelle an der Kamera anzubringen. Warum auch immer, der Punkt ist bei dem Viltrox 23mm F1.4 weiß und nicht rot.
Heißt bei mir in der Praxis – und das kann bei Dir anders sein: Ich bin ständig am Suchen, wo der Punkt ist. Ich drehe das Objektiv mehrmals und bin dann schon genervt, bevor ich den Punkt doch finde und an der richtigen Stelle andocke. Eine Kleinigkeit, okay. Aber liebes Viltrox Team: einfach die kommenden Objektive mit einem roten Punkt ausstatten. Ist ja nicht so, dass es ein großer Aufwand wäre.
Bildqualiät des Viltrox 23mm F1.4
Viel viel wichtiger ist die Bildqualität. Und die gefällt mir richtig gut. Natürlich fotografiere ich beinahe alles mit der Offenblende von 1.4. Die Objekte wirken plastisch, ich erkenne einen Pop-Effekt. Das Viltrox kann sogar „Retro“, das Swirl-Bokeh erinnert an Vintage-Objektive und sicherlich ist es dem ein oder anderen auch zu stark ausgeprägt. Hier kommt also der Faktor „Geschmacksache“ ins Spiel. Mir gefällt es richtig richtig gut!
Teilweise wird das Bokeh indes etwas unruhig, insbesondere wenn ich bei Helligkeit den elektronische Verschluss nutzen muss. Hin und wieder schleichen sich ein paar Schwächen ein. Während ich kaum Verzeichnung sehe, vignettiert das Viltrox 23mm F1.4 bei Offenblende sehr stark – was zu erwarten war und ab Blende 4 kaum mehr sichtbar ist.
Vor allem im Gegenlicht fallen Chromatische Aberrationen auf. Hin und wieder wirkt das Bokeh unecht, fast so als hätte es eine Handy-Software gerechnet. Diese Schwächen treten aber nur auf, wenn ich offenblendig arbeite und diese Effekte provoziere. In der Praxis sind diese kleinen Fehler kaum zu spüren. Für Portraits ist diese Linse eine wahre Freude, sie bildet perfekt ab und harmoniert wunderbar mit meiner Fuji X-Pro 3.
Und – der Autofokus ist deutlich schneller als der direkte Konkurrent, nämlich das Fujinon XF 23mm F1.4. Ja, man hört den Motor des Viltrox. Dieser ist aber deutlich leiser als die Automatik aller älteren Fuji-Linsen. Und eben deutlich schneller und trifft so gut wie immer.
Hin und wieder schließe ich die Blende, um auch mal den Blendenstern zu testen. Und dieser sieht auch ganz gut aus. Schaut Euch dazu – und zu den anderen Punkten – einfach meine Beispielbilder an.
Fazit
Was gibt es zu sagen? Für 260 Euro sollte niemand meckern. Nicht nur, weil die Linse wirklich preiswert ist. Nein, sie liefert – mit Ausnahme von ein paar Schwächen – sehr gut ab. Auf der Preis-Leistungsskala muss ich ein „exzellent“ vergeben. Das Viltrox 23mm F1.4 überzeugt auf der ganzen Linie: Haptik, Bildqualität, Autofokus, Preis.
Gepaart mit einer eigenen Charakteristik. Ja, dieses Glas hat eine eigene Sprache. Und das finde ich erstaunlich. Das Objektiv ist derzeit eines meiner Lieblingsobjektive an der X-Pro 3. Es war wirklich ein Fehler, das Objektiv so lange ungenutzt herum liegen zu lassen. Sorry, das wird nicht wieder vorkommen …
Update im Januar 2022
Ich fotografiere immer noch sehr gerne mit dem Viltrox 23mm F1.4. Und ich habe zwischenzeitlich auch einmal einen „direkten Wettbewerber“, das TTArtisans 23mm F1.4 getestet. Deutlich kleiner und günstiger, dafür aber ohne Autofokus. Wie es sich schlägt? Kannst Du hier nachlesen. Es gibt zwar Argumente fürs TTArtisan, ich aber bleibe beim Viltrox.
Derweil habe ich eine spannende Nachfrage erhalten, die ich hier – zusammen mit der Antwort – ergänzen möchte. Fujirumors auf internationaler Ebene, aber auch z.B. Photografix in Deutschland haben darüber berichtet, das die Viltrox Objektive die Fuji XPro3 Kameras beschädigen könnten. So würde das Objektiv am Entriegelungsknopf fürs Bajonett „reiben“ und diesen beschädigen. Unter dem obigen Fujirumors Link könnt Ihr ein Bild sehen, bei dem man das Phänomen nachvollziehen kann. Die Frage war nun, ob das auch beim Viltrox 23mm F1.4 der Fall sei, also ob meine Fuji X-Pro3 davon betroffen sei.
Ich habe daraufhin erst meine Kamera gecheckt. Ergebnis: Keine Abschürfungen am Bajonettknopf. Und dann habe ich das Viltrox an der Kamera angebracht. Ergebnis: Das Objektiv berührt weder beim Anbringen des Objektivs noch während des Gebrauchs den Entriegelungsknopf. Da sind immer zwei bis drei Millimeter Luft dazwischen.
Daher kann ich das Problem nicht nachvollziehen. Was natürlich nicht zwingend heißt, dass das an jeder Fuji X Pro3 auch so ist. Und ich kann erst Recht keine Aussage dazu treffen, ob die anderen Viltrox Objektive eher davon betroffen sind. In meiner Kombination passen Kamera und Objektiv hervorragend zusammen.
Links
- Viltrox 23mm F1.4 bei Amazon (Affiliate)
- Viltrox 23mm F1.4 bei Pergear (Affiliate)
- Firmware Updates und Objektivprofile, direkt auf der chinesischen Seite von Viltrox
- Blog Review von Tobias Reißbach
Beispielbilder
Alle Bilder wurden im Sommer 2021 mit der X-Pro 3 aufgenommen, in aller Regel mit einer Offenblende von 1.4. Die Ausnahmen sind die Bilder mit den Blendensternen.
Moin nach Hamburg aus Freiburg!
Interessanter Beitrag, Danke. Obwohl ich nicht mehr mit Fuji fotografiere, hier doch eine Frage zu dieser Linse: vignettiert diese so heftig, wie auf den Fotos teilweise zu sehen, oder wurde der Effekt nachträglich eingefügt?
Danke und Grüße
Jens
Danke Dir, Jens! Die Bilder sind alle mit Offenblende fotografiert. Und da vignettiert das Objektiv sehr stark. Allerdings habe ich hie und da ggf noch etwas nachgeholfen, mein genutztes Preset hat noch einen (aber nur ganz leichten) Vignetteneffekt, der hat die eigentliche Vignettierung noch etwas unterstrichen.
Viele Grüße zurück nach Freiburg!
Hallo Florian!
Wieder ein toller Blogbeitrag. Ich nutze das Viltrox 85mm und bin für den Preis mehr als zufrieden!
Kleiner Hinweis, weil es mich ein wenig verwirrte: zweimal schriebst Du vom 35mm Objektiv, obwohl du ja das 23mm vorstellst, das ist ein Versehen, oder habe ich etwas missverstanden? 🤷♂️
Liebe Grüße nach HH und ich freue mich auf unseren „Bratwurst-Test“ im Borussia-Park 😉
Thomas
Danke Dir, Thomas! Keine Ahnung, was in mich gefahren ist, vermutlich liegt es daran, dass es 35mm auf Kleinbild sind und ich das im Kopf hatte. Völliger Quatsch im Text, das ändere ich gleich mal! Ganz vielen Dank für den Hinweis. Und den Bratwursttest machen wir, auf jeden Fall! Liebe Grüße, Florian
Hey, ich stocke gerade mein Fuji-System ein wenig auf, damit es besser als Immer-Dabei funktioniert. Ich danke Dir für Deine ausführlichen Blog-Beiträge. Super! Sehr hilfreich. Musste etwas bei dem fehlenden roten Punkt schmunzeln und da ging doch glatt der Ing. in mir durch. Vermutlich ist das wirklich eine Preisfrage: eine zweite Farbe in so ein Produktionsablauf einzubringen ist meiner Meinung nach kostspieliger als man denkt. Es wird halt an jeder nicht „so wichtigen“ Ecke gespart. Aber ich bin auch so … solche Kleinigkeiten stören mich dann. Falls ich mich für das Viltrox entscheiden sollte, dann male ich mir halt selbst den Punkt in rot an ;-). Grüße, Azze
Hey Azze. Lieben Dank für Deinen Kommentar. Ich mache es mir da relativ leicht und denke aus der Verwenderperspektive. Der rote Punkt fehlt einfach und wenn Du oft wechselst, dann nervt das oft. Ich unterschätze bestimmt die Zusatzkosten. Ganz bestimmt 🙂 Ich male ihn mir auch selbst an, genau. Viele Grüße Florian
Auch hier wie in anderen Tests wird die hauptsächliche Anwendung bei Offenblende hervorgehoben. Ich glaube es ist im Test des TTArtisan, wo Du sinngemäß schreibst, dass Du auf Offenblende abstellst, weil man sonst ja kein so lichtstarkes Objektiv kaufen würde. Das ist – sorry – Unsinn. Man kauft ein oft überflüssig lichtstarkes Objektiv, weil es kaum lichtschwächeren Alternativen gibt. Jedenfalls habe ich nur das deutlich teurere Fuji gefunden.
Gruß
Jochen
Hey Jochen. Danke Dir für Deinen Kommentar. Wenn mir die Offenblende nicht wichtig wäre, würde ich einfach ein Zoom nehmen. Zum Beispiel das starke 16-55 2.8. Dann bräuchte ich keine Festbrennweite. Warum nimmst Du kein Zoom? Grüße, Florian