Es war noch im letzten Jahrtausend. Gerade hatte ich mein Abi in der Tasche und die ersten paar Zivigehälter auf dem Lohnzettel. Nicht wirklich viel, aber um etwas für meine erste selbst gekaufte Kamera beiseite zu legen, hatte es gereicht. Wichtig war mir schon damals, dass die Bildqualität halbwegs gut sein sollte. Aber vor allem robust musste sie sein, war doch mein Haupteinsatzzweck die Höhlenforschung, die große Leidenschaft meiner Jugend.
Ich suchte also eine Kamera, die kein Problem mit Kälte und Nässe haben durfte. Außerdem sollte sie möglichst wenig Schalter, Knöpfe und Rädchen haben, die unter dem zähen Höhlenlehm leiden könnten. Höhlenforschung war (und ist) nämlich gleichzusetzen mit der ziemlich unwirtlichsten Umgebung, die Du Dir als Fotograf:in vorstellen kannst. Glaubst Du nicht? Okay: 95% Luftfeuchtigkeit, neun Grad Lufttemperatur, vier Grad Wassertemperatur, komplette Dunkelheit und viel, viel Lehm um Dich herum – das sind wären zum Beispiel die Rahmenbedingungen meines Heimatforschungsgebietes, der Schwäbischen Alb.
Ein paar der alten Höhlenaufnahmen, die mit der Canon Prima AS-1 entstanden sind habe ich in meinem Archiv gefunden. Die Bilder von Touren ins Tote Gebirge (Österreich) und an die Ardèche (Frankreich) sind bezogen auf die Kameraqualität allerdings nicht so wahnsinnig aussagekräftig, da ich meine Dias bereits Mitte der 2000er habe scannen lassen. Eigentlich viel zu früh, angesichts der Möglichkeiten, die heutige Scan-Optionen zu bieten haben.
Ich erzähle Euch deshalb so ausführlich von der Höhlenforschung, weil sie der Grund war, warum ich mich für die Canon Prima AS-1 entschieden hatte. Eine äußerlich wirklich lustige Kamera, die aber alle meine Anforderungen auf Jahre hinweg erfüllen sollte. Sie erschien mir damals nicht nur äußerst robust, sondern aufgrund ihrer Wasserdichtigkeit perfekt „für die Höhle“. Ich hatte damals noch Prospekte und Kataloge gewälzt und sie dann irgendwann im Frühjahr 1999 gekauft, wohl für ein paar Hundert Mark, so genau weiß ich das nicht mehr – aber für mich war es eine enorme Stange Geld. Und endlich eine richtige Kamera, auch wenn sie eher ein Stück Spielzeug aussah.
Tatsächlich besitze ich die Canon Prima AS-1 bis heute und ich hatte sie das letzte Mal 2013 aus Spaß bei einem Strandurlaub in Ägypten dabei gehabt und damit beim Schnorcheln fotografiert. Es war also lange Zeit bevor die Analogfotografie ihre Renaissance aufnahm und auch ich die Analogfotografie wieder für mich entdeckte. Ab 2013 ruhte die Kamera für viele Jahre in meinen Kartons, bis ich sie jüngst wieder auspackte und mit ihr fotografierte.
Ich hatte sie nämlich neulich mit ein paar Rollen Film ausgestattet und zum Schlagermove mitgenommen. Eine wasserdichte Point & Shoot auf der feucht-fröhlichsten Party der Stadt? Das sollte ja wohl ein Match sein (wenngleich ich als Besucher beizeiten wirklich beide Augen zudrücken musste, um das alles auszuhalten, aber dazu später mehr…). Und aus diesem Grund kann ich die Canon Prima AS-1 nun in die Sammlung meiner Berichte über Point & Shoots auf diesem Blog einreihen…
Die Canon Prima AS-1 und ihre Spezifikationen
In meiner Erinnerung war die Kamera gerade neu erschienen als ich sie 1999 kaufte. Im Internet allerdings ist als Erscheinungsdatum das Jahr 1994 zu finden, in Nordamerika unter dem Namen „Canon Sure Shot A1“, in Japan unter der Bezeichnung „Canon Autoboy D5“ und bei uns in Europa eben unter dem Label „Canon Prima AS-1“. Die Modelle an sich sind identisch (wobei es noch eine farblich veränderte Variante, die „Canon Sure Shot WP-1“ gab) und die verschiedensten Versionen galten damals als die kleinste und leichteste Unterwasserkamera der Welt.
Das Auffälligste an der Canon Prima AS-1 ist ihre Anmutung einer echten Spielzeugkamera. Schaut Euch die Aufnahmen von der Kamera dazu an. Wer würde sie nicht für einen Fotoapparat für Kinder halten? Unauffällig damit fotografieren? Unmöglich. Sie ist bunt und klobig und tatsächlich wirkt sie so als könnte man sie gegen die Wand werfen – zumindest aber mal auf den Waldboden fallen lassen, ohne dass etwas passiert. Oder eben ins Wasser.
Denn natürlich ist die Wasserdichtigkeit bis minus fünf Meter ihre Haupteigenschaft. Sie kann in dieser begrenzten Tiefe verwendet werden, was sie perfekt für Unterwasseraufnahmen und Aktivitäten wie Schnorcheln oder Tauchen macht. Die Canon Prima AS-1 verfügt sogar über einen speziellen Modus für Unterwasseraufnahmen. Diese Einstellung passen Belichtung, Blitz und die Schärfeeinstellung an die besonderen (Licht-) Verhältnisse unter Wasser an. Dies erleichtert es Dir beim Schnorcheln, qualitativ hochwertige Unterwasserbilder zu erstellen. Und ich kann das bestätigen – das ist wirklich ein lustiger Einsatzzweck, ob im Schwimmbad, im Fluss oder im Meer, ich habe in meinen Studienzeiten damit ein paar echte Keeper machen können (die ich Euch hier natürlich vorenthalte!)
Ansonsten wichtig: Die Brennweite beträgt 32mm bei einer Offenblende von f 3.5. Manuelle Einstellungen gibt es nicht, man entscheidet sich für Blitz ja/nein und den schon angesprochenen Unterwassermodus. Außerdem gibt es eine Makrofunktion, die lustigerweise mit einem Fisch Symbol gekennzeichnet ist. Dazu noch ein Selbstauslöser, das wars. Du wirst also weder eine manuelle Blenden- oder Schärfeeinstellung, noch eine Möglichkeit finden, in die ISO Steuerung einzugreifen. Ganz Point, ganz Shoot!
Die Canon Prima AS-1 in der Praxis
Ich habe es schon angedeutet, ich kann hier von einem echten Langzeittest berichten, seit über 24 (!) Jahren besitze ich nun diese Kamera. Ich habe damit in den ersten Jahren viele Dia- und Negativfilme verschossen; bis etwa um das Jahr 2004 die erste digitale Point & Shoot bei mir eingezogen war (auch diese war zumindest spritzwassergeschützt und höhlentauglich, ich habe sie neulich getestet und sie funktioniert noch immer – irgendwann berichte ich darüber auch noch 😉 ). Welche Filme das waren, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber ich weiß noch, dass ich ausschließlich in Farbe fotografiert habe und in den meisten Fällen auf Diafilm.
Die Kamera war auf vielen Höhlentouren mit dabei und hat damit wirklich auch viel mitgemacht. Die langen und kräfteraubenden Expeditionen würde ich heute kaum einer anderen Kamera aus meinem Bestand zutrauen. Die Canon Prima AS-1 hat all dies ohne Einschränkungen ertragen, nach jeder Tour habe ich sie direkt mit den anderen Höhlensachen mit der Bürste abgeschrubbt. Die wirklich simple Bedienung hat es mir ermöglicht, auch am Seil hängend die Kamera auszupacken, auszulösen und wieder einzupacken. Und mit gerade einmal 385 Gramm hat sie immer irgendwo einen Platz gefunden. Oftmals auch einfach direkt unter meinem Höhlenanzug, irgendwo in Brusthöhe.
Die Ergebnisse? Nun ja, die höchste Qualität war das sicherlich nicht. Aber ich habe damit die Shots machen können, die mit anderen Kameras (für mich) nicht möglich gewesen wären. Durch schlammige Löcher kriechen mit einer hochwertigen Spiegelreflex- oder Messsucherkamera? Lieber nicht. Und darüber hinaus eignete sie sich hervorragend als Alltagskamera. Auf Parties, bei Wanderungen oder eben mal im Schwimmbad. Einfach eine echte Point & Shoot – mit Extra-Benefits.
Die Canon Prima AS-1 im Jahr 2023?
Ihr wisst es schon, ich habe sie im Jahr 2023 erneut ausgepackt und ich wollte ihre Point & Shoot Qualitäten in der Gegenwart austesten und mit meinem heutigen Blick ihre Qualitäten bewerten. Ein schneller Check auf den gängigen Plattformen zeigt mir, dass die Canon Prima AS-1 noch immer hoch im Kurs steht. Je nach Zustand und Händler werden so um die 150 Euro fällig, gerne auch mal deutlich mehr. Eine CR123A-Batterie und einen Kodak Gold 200 eingelegt und schon konnte es losgehen.
Warum ich mir den Schlagermove ausgesucht hatte? Weil ich dort vor 20 Jahren mit der exakt selben Kamera schon einmal war. Und so nahm ich die Challenge an, ein paar Fotos zu reproduzieren. Schlagermove 2003 vs. Schlagermove 2023 sozusagen. Seht selbst, ob und wie mir das gelungen ist:
Zwanzig Jahre sind eine Menge Holz, das ist auf den Bildern zu sehen. Vor allem an den Aufnahmen in der Großen Freiheit sehe ich, wieviel sich geändert hat. Die Menschen, sichtbar an der Mode und an den Frisuren (soweit das Verkleidungen und Perücken erkennen lassen). Aber vor allem auch die Kneipenschilder und die Reklame – fast alles wurde da einmal durch gewechselt.
Natürlich fallen uns Fotograf:innen aber auch die Farben und die Auflösungen ins Auge – obwohl es ja dieselbe Kamera war. Ich habe mit diesen Unterschieden auch nicht gerechnet, muss aber einwenden, dass die 2003er Bilder wie oben schon angedeutet nur kurze Zeit später schon digitalisiert worden sind. Ich meine, dass ich die Bilder auch damals „nur“ im Drogeriemarkt abgegeben habe. Und an den genutzten Film kann ich mich nicht erinnern. Dagegen steht bei den 2023ern Aufnahmen die bestmöglichste Entwicklung bei Khrome mit einem zeitgemäßen Hochleistungsscanner.
Ich bin regelrecht erstaunt darüber, wie scharf die Bilder geworden sind. Meckern kann man über das 32mm Objektiv der Canon Prima AS-1 sicher nicht. Und der Autofokus sitzt wirklich immer. Ganz subjektiv sehen die 2023er Bilder damit viel weniger „analog“ aus als die viel älteren, viel unschärferen Aufnahmen (ich musste beim abgelaufenen Kodak Farbwelt 400 hie und da auch etwas in Lightroom aufhellen, der ist schon ein paar Jahre alt gewesen und dem fehlte etwas Licht – das erklärt wohl auch den digitalen Effekt).
Noch ein paar mehr Bilder vom Schlagermove, fast nach dem Motto des schwedischen Fotografen Anders Petersen („Cafe Lehmitz“), der sich mit seinen fotografischen Subjekten beinahe schon vermählte: „Ich möchte die Menschen nicht nur fotografieren. Ich möchte sie berühren.“ Fotografiert auf einem abgelaufenen Kodak Farbwelt 400 (teilweise aufgehellt) und Kodak Gold 200 mit der Canon Prima AS-1. Entwickelt bei Khrome in Hamburg.
So ist der Vergleich also nur teilweise geglückt, denn irgendwie habe ich die technischen Aspekte außerhalb der Kamera – also Scanning und Entwicklung – unterschätzt und fälschlicherweise außen vorgelassen. Beiden Generationen an Aufnahmen liegt aber das Entschleunigende der Filmfotografie inne. Eben nicht alles gleich sofort zu sehen und sich Zeit zu nehmen, sowohl beim Fotografieren aber auch beim Warten auf die Ergebnisse. Es ist das so entschleunigende Gegenkonzept zu dem was die Amerikaner als Microwave Culture bezeichnen. Der Idee, dass eben immer alles sofort verfügbar sein muss. Ich glaube, das ist (mit-) verantwortlich dafür, dass die Analogfotografie wieder so populär geworden ist.
Und vielleicht auch für das Konzept des Schlagermoves. Bei allem anstrengenden Mallorca Geschwurbel ist die Veranstaltung ja eigentlich eine Reminiszenz an das Vergangene, auch an die Zeit, in der die Songs sich auf einer Platte aneinander gereiht waren und eben nicht als „One Song Experience“ direkt verfügbar gewesen sind. Eine Seite in mir liebt solche Veranstaltungen, eine andere Seite meidet sie wie der Teufel das Weihwasser. Als Fotograf habe ich irgendwie eine Entschuldigung für letztere Variante, denn schließlich darf und muss ich das ja auch dokumentieren und mische mich dann unter das Volk. Denn genau das haben wir ja immer gelernt, man muss dabei sein und mitmachen, um gut dokumentieren zu können. 😉
Ich bin ja ganz generell der Meinung, dass Point & Shoots die perfekten Party Kameras sind. Ehrlich gesagt, ist die von mir bereits ins Visier genommene Konica Big Mini die bessere Variante, weil sie kleiner ist und eine bessere Bildqualität aufweist (die Linse ist der Hammer). Aber die Canon kannst Du eben auch perfekt auf jeden Party mitnehmen. Wenn Du das Ganze auf die Spitze treiben möchtest – im Schwimmbad oder eben auf dem Schlagermove – dann lege ich Dir die Canon Prima AS-1 ans Herz. Bildqualität und Robustheit suchen in dieser Kombination unter Point & Shoot-Kameras nämlich ihresgleichen.
Die logische Konsequenz daraus? Die Canon Prima AS-1 bekommt von mir eine klare Kaufempfehlung – weswegen Du aber nicht gleich Höhlenforscher:in werden musst!
Links / Zum Weiterlesen
- Ein paar Links zur Höhlenforschung: Der Höhlenverein, in dem ich noch immer Mitglied bin, ist die Arge Grabenstetten auf der mittleren Schwäbischen Alb. Vorbeisurfen lohnt sich. Und auf zwei Höhlenfotografen möchte ich explizit hinweisen: Erstens Andi Schober, der hoehlenfoto.de, betreibt, ebenfalls Grabenstetter und Herausgeber des Höhlenkalenders. Und zweitens Max Wisshak, Betreiber von speleo-photo.de und Herausgeber u.a. des von mir 2021 im Podcast der Fotobuch Ecke empfohlenen Bildbandes „Inside Mother Earth“, mit dem ich damals unter anderem in Sardinien unterwegs sein durfte.
- Review zur Canon Prima AS-1 bei Frank Vogler
- Auch bei Matt Loves Cameras gibt es ein Review (englisch)
- Und auch die Jungs von Safelight waren schon mit der Canon Prima AS-1 unterwegs (englisch)
- Zu den weiteren Point & Shoot Artikeln auf diesem Blog (bislang liegt die Konica Big Mini auf meinem persönlichen Platz 1)
1 Gedanke zu „Die Canon Prima AS-1 (Teil 2 der Point & Shoot-Serie)“