Schwarzweiß Fotografie am Darßer Weststrand (mit der Leica M11)

Die Schwarzweiß Fotografie zählt bislang nicht zu meinen Steckenpferden. Hin und wieder wandele ich vereinzelte Aufnahmen in Graustufen um, aber eigentlich bin ich den Farben verfallen. Ich mag die Möglichkeiten der Komplementärkontraste und den Stimmungen, die Farben hervorrufen können. Einzig in der Analogfotografie bin ich es gewohnt, eine längere Strecke auch mal monochrom zu fotografieren.

Im Rahmen des Horizonte Fotofestival in Zingst im Mai 2022 habe ich mich nun für einen zweitägigen Workshop der Leica Akademie angemeldet. Neben den theoretischen Grundlagen (davor) und der spezifischen Bearbeitung in Lightroom (danach) hat mich vor allem die Landschaftsfotografie am Weststrand auf dem Darß angelockt – und natürlich auch mal wieder die Möglichkeit, eine neue Leica Kamera ausprobieren zu dürfen.

Eine Leica M10 Monochrom oder doch eine Leica M11?

Ohne Farben zu fotografieren, da denke ich natürlich sofort an die Leica M10 Monochrom. Also an eine Kamera, deren 40 Megapixel nur Graustufen auslesen kann und der so fein auflösen soll, wie es sonst wohl keine andere (vergleichbare) Kamera kann. Und damit für mich perfekt für die Schwarzweiß Fotografie am Darßer Weststrand geeignet sein müsste. Bis mir unser heutiger Referent und Leiter der Akademie, Olly Richter, die Leica M11 anbietet. Also das erst im Januar 2022 vorgestellte neueste Modell aus der Leica M-Reihe.

Wie hättet Ihr da entschieden? Nun, ihr wisst es schon aus der Überschrift, ich habe die Leica M11 genommen und damit eineinhalb Tage fotografieren dürfen. Und ich empfinde das in der Tat als ein Privileg.

Die Leica M11 – hier mit dem Summicron-C 40mm F2

Zur Entscheidung M11 vs. M10 Monochrom springe ich aber einmal kurz in den Theorieteil unseres Workshops: Natürlich hat in Sachen Details die monochrome Kamera die Nase vorn. Weil sie auf die Farbpixel verzichtet, kann sie mehr Tiefe in den Graustufen lesen und wiedergeben – so mein laienhaftes Verständnis des M10 Monochrom Sensors. Allerdings bringt der Schwarzweiß-Sensor auch den Nachteil mit, eben keine Farbinformationen festzuhalten. Daher können in der Nachbearbeitung in Lightroom auch keine Farbregler genutzt werden, die zum Beispiel den Einsatz von Farbfiltern simulieren könnten.

In anderen Worten: Wenn Du Dich für die Monochrom entscheidest und das perfekte Ergebnis haben möchtest – das sich vermutlich erst im gedruckten Bild überhaupt zeigen wird – dann musst Du schon beim Fotografieren mit Orange-, Gelb- oder Grünfilter arbeiten. Denn im Nachhinein geht das nicht mehr – es gibt ja keine Farbinformationen. Umgekehrt ausgedrückt: Willst Du die Flexibilität in der Postproduktion, musst Du mit einer Farbkamera arbeiten.

Klingt eigentlich logisch, oder? In dieser Klarheit war mir das so nicht bewusst. Vor diesem Theorieteil hätte ich zur Leica M10 Monochrom gegriffen. Hinterher hingegen zu einer „normalen“, zu einer Farb-M, also der M10. Eben damit ich das Gelernte auch mit meiner schon älteren Leica M262 oder mit einer anderen Kamera rekonstruieren kann. Bis mir Olly die M11 anbot. Klar, dass ich da nicht nein sagen konnte.

Meine Erfahrung mit der Leica M11

Und ich war extrem happy mit dieser Kamera. Für mich hat sie sich angefühlt wie eine Leica M10 mit einigen wenigen, aber dafür sehr angenehmen Neuerungen. Ob es der interne Speicher ist, oder die fehlende Bodenplatte und den dafür deutlich besseren Akku. Ich könnte Euch auch davon erzählen, dass ich auch bei strahlendem Sonnenschein offenblendig (F 1.2) fotografieren konnte, dank elektronischem Verschluss und der nativen ISO von 64. Oder den USB-C-Anschluss loben, der mir eine schnelle Übertragung auf iPhone oder iPad bot.

Offenblendig direkt in die Sonne? Kein Problem dank ISO 64 und einer Verschlusszeit von 1/6400s (Leica M11 mit Voigtländer 50mm F1.2 und ND 0.9)

Es sind einige viele kleine Punkte, die mir extrem gefallen haben. Um ehrlich zu sein aber auch deswegen, weil ich in den letzten Monaten sehr viel mit meiner M262 fotografiert habe. Und der Unterschied zwischen Typ 262 und Leica M11 – das sind natürlich Welten (mein Bericht zur Leica M262 hier).

Vermutlich brauchst Du die M11 nicht, wenn Du schon eine M10 hast. Und mir ist eine Disziplin aufgefallen, in der die ältere M10 tatsächlich besser zu sein scheint. Und das ist die Farbwiedergabe, sowohl in den JPGs, aber vor allem auch in den DNG Dateien in Lightroom.

Achtung, subjektiv und „Nerdtalk On“: Die Farben der M11 erinnern mich etwas an die Bonbonfarben der Leica M240/262 und vor allem an deren grellen Rottöne (interessanterweise sieht das nicht jede:r – kannst Du zum Beispiel hier nachlesen). Bei meiner M262 ärgert mich das immer wieder, ich habe inzwischen Abhilfe schaffen können mit einem eigenen Preset. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass die Leica M10 da deutlich besser war. „Nerdtalk Off“ – schließlich geht es hier um die Schwarzweiß Fotografie.

Schwarzweiß Fotografie am Darßer Weststrand (mit der Leica M11)
Fotografieren am Darßer Weststrand. Die Auflösung ist mit den 60MP so extrem, gefühlt könntest Du die geriffelte Rinde alleine in A1 drucken lassen.

Bleibt noch der Aspekt der vielen, vielen Megapixel und dem 3-in-1 Sensor. Also, dass ich sowohl mit 18, 36 oder 60 Megapixeln fotografieren kann. Was habe ich daraus gemacht? Natürlich nur mit den 60 Megapixeln gearbeitet. Das ist in etwa so wie wenn Du das Leica Tri Elmar mit seinen 16mm, 18mm und 21mm Brennweite an der Kamera hast. Da nimmst Du auch immer das Maximale, in diesem Falle die 16mm. Zumindest wenn Du „ich“ bist.

Und dieses Maximum ist enorm. Ich kann die Aufnahmen gefühlt bis ins unendliche vergößern. Und croppen, was das Zeug hält. Ich brauche das nicht, mir reichen ja 24 Megapixel völlig aus. Aber wenn die Möglichkeiten da sind, dann nutze ich sie. So ehrlich muss ich zu mir sein. Ach, lest einfach den DXO Sensor Test. Die Leica M11 und ihr Sensor bekommen hier Bestnoten, was soll ich denn da mäkeln?

Die Leica M11 ist eine Offenbarung. Natürlich hätte ich sie gerne. Aber sie ist so kostspielig, dass sie nicht mal einen Platz auf meinem Amazon Wunschzettel bekommt. Punkt.

Am Darßer Weststrand

Welche Kamera Du am Weststrand dabei hast, ist eigentlich erst einmal egal. Hier wirst Du auch mit Deinem Smartphone beeindruckende Bilder machen – zu schön ist dieser Beach. Im Rahmen einer TV Produktion von Arte über die schönsten Strände der Welt, schaffte es der Weststrand in genau diese Auflistung. In Gesellschaft solch prominenter Vertreter wie der Copacabana, dem Miami Beach oder den Stränden von Goa.

Schwarzweiß Fotografie am Darßer Weststrand (mit der Leica M11)
Befinden wir uns im indischen Goa oder doch am Mecklenburg-Vorpommerischen Weststrand?

Bilder vom Darßer Weststrand

Quasi wie der Werbeblock im Fernsehen schalte ich Euch mitten in diesen Bericht meine Bildergalerie vom Darßer Weststrand ein. Im Folgenden seht Ihr eine Auswahl meiner Aufnahmen vom Nachmittag und frühen Abend am Mittwoch während des Horizonte Fotofestivals in Zingst. Genutzt habe ich die folgenden Objektive an der Leica M11 (die Exif Daten sind ganz Leica M-typisch nicht wirklich aussagekräftig):

  • Leica Tri Elmar 16mm/18mm/21mm f4
  • Voigtländer Ultron 28mm f2
  • Voigtländer Nokton 50mm f1.2
  • Leica Summicron 75mm f2

Wir waren so etwa vier Stunden am Weststrand, die Kamera immer griffbereit. Dabei konnte ich auch den Visoflex 2 an der Leica M11 ausprobieren. Das Fokus Peaking klappt damit besser denn je, hell und deutlich kann ich fokussieren. Entsprechend ist der Ausschuss – auch bei Offenblende F1.2 – ziemlich niedrig. Zumindest für meine Verhältnisse.

Schwarzweiß und Lightroom

Am zweiten Workshop Tag haben wir uns ausführlich mit der Bearbeitung in Adobe Lightroom (und Silver Evex Pro und Tonality) beschäftigt. Olly zeigte uns seine Tipps und Tricks, die ich hier natürlich nicht wiederhole. Da solltet Ihr schon selbst einen seiner Kurse besuchen. Es lohnt sich, das kann ich Euch versprechen. Wirklich augenöffnend war für mich die Nutzung der Farbkanäle bei Schwarzweiß-Aufnahmen.

Natürlich haben wir unsere Bilder auch ausführlich besprochen. Dabei lernt man ja immer am Meisten. Und man freut sich über Komplimente und wächst an Kritik und Verbesserungsvorschlägen. Ich sollte zum Beispiel immer mal wieder über meine „Vignetten-Politik“ nachdenken, das habe ich einmal mehr gelernt. Ja, ich nutze sie gerne, um Blicke zu leiten und um meinen Bildern meinen Stempel zu geben. Aber ich höre auch immer wieder, dass das nicht jede:r so sieht.

Am Darßer Weststand
Am Darßer Weststand: Ein typisches Beispiel von „Zu-Viel-Vignette“?

Und schließlich durfte jeder der zehn Teilnehmer:innen ein Bild auf Hahnemühle FineArt Papier drucken lassen. So haben wir alle eine Erinnerung unseres Workshops mit der Leica Akademie bei uns zuhause!

Was nehme ich mit?

Die Schwarzweiß Fotografie zählte bislang nicht zu meinen Steckenpferden – das hatte ich Euch in meinem allerersten Satz berichtet. Dieser Workshop hat mich zum Umdenken angeregt. Einen ganzen Nachmittag habe ich „geübt“, monochrom zu sehen. Einen ganzen Vormittag habe ich mich mit der Nachbearbeitung in Graustufen beschäftigt. Und die Ergebnisse sprechen für mich eine ganz eigene Sprache.

Würde ich jetzt behaupten, dass ich ab sofort mit monochromen Projekten beginnen möchte, wäre das nicht ganz richtig (ich hatte dieses Jahr am Monte Pollino schon analog in Schwarz-Weiß eine Serie fotografiert). Aber ich mich in Zukunft deutlich mehr damit beschäftigen. Dieser Anstoss – neben all den technischen Aspekten und den Erfahrungen mit der Leica M11 – hat mir dieser Workshop verschaffen können.

Es war die inzwischen vierte Veranstaltung mit der Leica Akademie. Und erneut bin ich wirklich angetan von den Menschen und den Inhalten. Ich kann Euch die Kurse und die Reisen der Leica Akademie nur empfehlen. Danke Olly, für diesen tollen Workshop!

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15 Gedanken zu „Schwarzweiß Fotografie am Darßer Weststrand (mit der Leica M11)“

  1. Lieber Florian!
    Endlich habe ich es einmal geschafft, einen langen Blogbeitrag bis zu seinem Ende zu lesen. Aus Deinen Beiträgen spricht die Haltung eines echten Amateurs mit Sachverstand und Hingabe.
    Wer mich kennt, weiß um meine Skepsis zu Leica-Produkten, aber das, was ich an Deinen Fotos ablese, begeistert (kein S/W- Fotograf(?).
    Viele Grüße Volker

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  2. Wirklich beeindruckend in sw. Ich hab am Weststrand auch schon fotografiert, der ist einfach so herrlich.
    Ich hab mal noch eine andere Frage: Hab gerade gesehen, das du mal im November auf Madeira warst. Wie ist da so das Wetter und die Vegetation? Will vll Mite/Ende Oktober hin.
    VG Jens

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  3. Hm, man sieht den Bildern schon an, dass sie von der Farbe her kommen. Schön sind sie allemal. Schwarz-Weiß von der Monochrom ist aber anders, ich staune immer wieder, wie überlegen die Monochrom ist. Z.B. hatte ich im direkten Vergleich eine Q2 im Einsatz, an einem schummrigen Konzert. Bei der Q2 war bei ISO 3200 Schluss, die M10-Monochrom liefert bis ca. ISO 12500 tolle Ergebnisse mit sehr hoher Detailkraft und minimalem, kaum sichtbarem Rauschen. Du müsstest es sehen, um es zu verstehen.

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  4. Und trotzdem, ich liebäugele mit der M11, damit ich auch Farbe kann. Aber: ist das nötig? Oder reicht eine M10-R? Für mich ist Lowlight wichtig. Wie ist da die M11 im Vergleich zur M10?

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  5. Danke Florian
    Oh Mann, es wird, wie Thorsten Overgaard sagt: Man braucht keine neue M, man kauft sie doch. Oder in meinen Worten: Ich brauch sie nicht, ich WILL sie. Warum das so ist, keine Ahnung

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