Malta ungeschminkt und analog (auf Kodak Portra 400)

Eine Insel so groß wie Bremen? Mit etwa so viel Menschen wie in Bremen? Das ist Malta, quasi eine Großstadt mitten im Meer. Hätte ich mich nur etwas besser vorbereitet. In meiner Vorstellung war Malta nämlich eher eine verträumte Mittelmeerinsel, perfekt geeignet für ein paar Tage Erholung mit ausreichend Natur und viel Einsamkeit.

Tatsächlich ist Malta der EU-Staat mit der höchsten Einwohnerdichte pro Quadratmeter. Schon vom Flugzeug aus sehe ich kaum ein Fleckchen Grün, höchstens ganz vereinzelt ein paar staubig braune und steinige Abschnitte dort, wo keine Häuser stehen. Und so kommt es, wie es kommen muss: Selten habe ich auf einer meiner Reisen so wenig fotografiert wie auf Malta.

Mit der Minolta CLE auf Malta

Mit dabei hatte ich die Minolta CLE (Bericht hier) mit dem Voigtländer Ultron 28mm F2 (Bericht hier) und dem Voigtländer Nokton 50mm F1.5. Dazu etliche Rollen Kodak Portra 400, aber schließlich sind es nicht einmal zwei Filme geworden. Aber unabhängig von der Location war ich aufs Neue wieder einmal sehr angetan von der CLE. So klein, so schnuckelig und doch auch komfortabel in der Bedienung, nicht zuletzt dank der Belichtungsautomatik. Ganz wie es sich im Urlaub gehört: Einfach die Blende voreinstellen, den Portra 400 auf ISO320 leicht überbelichten um den Pastelllook zu bekommen – den Rest macht die Automatik (okay das Arbeiten mit dem Messsucher kommt natürlich noch on top).

Ich hatte im Vorfeld überlegt, ob ich statt der CLE nicht doch meine Minolta XD7 mitnehmen sollte oder vielleicht die schicke Contax G1 mit zwei Objektiven? Aber es ist doch die CLE ist es geworden, weil sie einfach so unfassbar kompakt ist. Genau das habe ich immer wieder geliebt, diese kleine Schönheit passt eingfach in jede Ecke meines Rucksacks. Und dieser Größenvorteil ist auch nach wie vor der Grund, warum ich sie sogar einer Leica M6 vorziehe. Nun aber zurück ins Mittelmeer.

Eine Mischung aus Italien, Nordafrika und … UK

Malta kommt als ein multikultureller Mix daher. Irgendwie sieht alles aus wie … ja, wie denn nun? Schwierig, die Hauptstadt Valletta kommt erstmal wie eine reizvolle italienische Stadt daher, die Einflüsse vom nahegelegenen Sizilien liegen eindeutig auf der Hand. Aber irgendwie sind auch die nordafrikanischen und arabischen Einflüsse unverkennbar. Sowohl in der Architektur als auch in der Sprache, denn hier wird Maltesisch gesprochen; die einzige arabische Sprache mit lateinischen Buchstaben.

Und natürlich Englisch. Der Grund, warum der Ortsteil St. Julians voll ist mit Sprachschulen, ihren Lehrern und Schülern. Aber die Briten haben auch den Linksverkehr hinterlassen und natürlich unzählige Pubs, in denen Urlauber wie Einheimische nicht müde werden, sich immer wieder ein neues Pint zu bestellen. Ich nutze das und genieße am Sonntag Nachmittag in einem dieser Pubs das sensationelle 1:1 zwischen Klopps Liverpool F.C. und Guardiolas Manchester City.

Fotografisch (und äußerst subjektiv) gesehen hinkt Malta der Attraktivität des Premier League Spitzenspiels deutlich hinterher. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich auf analoge Landschaftsfotografie an einsamen Stränden gefreut hatte? Und dass ich weniger offen war für die Fotografie des Lebens auf der Straße?

Die Suche nach der Schönheit

Malta ist windig und irgendwie auch staubig. Richtige Frühlingsgefühle wollen nicht aufkommen. Überall zieht es wie Hechtsuppe, die Menschen sind genervt und warten endlich auf den Frühling. Dazu die oftmals trostlose Architektur und chaotische Verkehrsverhältnisse. Das Meer ist natürlich nie weit weg, aber erstens ist hier wirklich alles verbaut und zweitens zieht es hier am Meisten. Es nervt und vom „schönen Malta“ ist weit und breit nichts zu sehen.

Nein, natürlich übertreibe ich. Auch auf Malta gibt es nette Ecken, sie sind eben nur sehr vereinzelt anzutreffen. Von der Blue Grotto ist die Rede (Urteil: na ja) oder dem schönen Hafen von Marsaxlokk (Urteil: okay). Weitere Highlights sollen die Dingli Cliffs (Urteil: schon besser) und die mittelalterliche Stadt Mdina (Urteil: kann man machen) sein. Als verlässliche Faustregel gilt, je weiter Du von Valletta weg kommst, desto schöner wird es. An der Nordspitze kannst Du schließlich die Fähre nehmen und zur Nachbarinsel Gozo übersetzen. Nicht, dass hier keiner wohnen würde, aber es ist irgendwie die hübsche kleine Schwester von Malta.

Das eigentliche Highlight ist das kleine, fast unbewohnten Eiland dazwischen: Comino. An meinem letzten Tag „auf Malta“ entdecke ich dieses Kleinod. Hier finde ich wunderbare Strände, blau-türkises Wasser und viele Ecken, in denen wirklich Niemand ist. Passend dazu, ist endlich ist auch das Wetter so schön, dass Urlaubsgefühle aufkommen. Und so mache ich hier auf Comino doch ein paar Aufnahmen mehr (wobei während ich diese Zeilen schreibe, der Großteil davon noch in der Kamera ist – mal sehen, ob ich davon in ein paar Wochen noch welche poste).

Mein #Maltagate. Was ich daraus lerne?

Es wäre also falsch zu sagen, auf Malta könne man keine Erholung finden oder eben auch nicht entschleunigt fotografieren. Nein, diese Einschätzung ist nicht richtig. Vielmehr bin ich meinem eigenen #Maltagate aufgesessen. Warum?

Ich hätte mich im Vorfeld einfach besser vorbereiten müssen. Dann hätte ich das mit dieser lärmigen Großstadt mitten im Mittelmeer gewusst. Und nicht von einem Naturparadies à la Madeira geträumt, um dann in mitten eines völlig überlasteten (Links-) Verkehrsalbtraums zu landen.

Die Reise nach Malta hat mich irgendwie also auch gelehrt, dass Schönheit oft dort zu finden ist, wo man sie am wenigsten erwartet. Sie hat mich irgendwie auch daran erinnert, wie wichtig es ist, mit offenen Augen und einem offenen Herzen zu reisen – bereit, sich von den echten Geschichten eines Ortes überraschen zu lassen, statt zu sehr an vorgefassten Erwartungen festzuhalten.

Malta mag auf den ersten – und ehrlicherweise auch noch auf den zweiten – Blick anders als erwartet erscheinen, doch genau dies kann den Charme dieser Insel ausmachen. Erst recht, wenn man selbst schuld ist und mit völlig anderen Erwartungen angereist war…

3 Gedanken zu „Malta ungeschminkt und analog (auf Kodak Portra 400)“

  1. Sehr elegent umschrieben, dass Malta eigentlich nicht wirklich sehenswert ist. Ich bin da auch mal gewesen wegen eines Sprackurses. Malta? Mues nicht sein.
    Schöne Grüße Frederik

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