Die Fuji X-Half: Gedanken aus der Gerüchteküche. Oder: Warum ich auf die Half Frame wirklich sehr gespannt bin.

Fuji X-Half soll sie heißen und die Gerüchte zu dieser „Half Frame“ verdichten sich immer mehr: Fujifilm könnte schon sehr bald eine digitale Kamera mit einem 1-Zoll-Sensor, fest verbautem Objektiv und vertikalem Display vorstellen – eine Art digitale “Half-Frame” für die Hosentasche. Was für manche nach einem hippen Gadget für TikTok klingt, ist für mich ein überraschend spannendes Konzept. Und doch scheint kaum eine Kameraidee die Community derzeit so sehr zu spalten wie diese.

Die Fuji X-Half ist nicht gleich Half-Frame – oder doch?

Schon der Name “Fuji X-Half” ist ein rotes Tuch: In der klassischen Filmfotografie bezeichnet Half-Frame eigentlich ein Format, das die Kleinbild-Filmfläche halbiert – 18×24 mm statt 36×24 mm. Mit der 2024 vorgestellten analogen Pentax 17 hat das Halbformat eine kleine Renaissance feiern dürfen, immerhin passen so auf einen Film nun sogar etwa 72 Bilder. Angesichts der steigenden Preise durchaus ein gutes Argument, die vertikale Sucherausrichtung macht vor dem Hintergrund des Hochformat-Trends durch Handy- und Social-Media-Nutzung ebenfalls Sinn.

Dass Fujifilm diesen Begriff jetzt für eine digitale Kamera mit 1-Zoll-Sensor verwendet, empfinden viele als Etikettenschwindel. Bei Reddit, in den Foren und an den Stammtischen der Fotograf:innen ist von „Marketing-Gag“, „unnötig“ oder „was soll das überhaupt?“ die Rede. Der Vorwurf: Der Vorwurf: Weder Fisch noch Fleisch – zu ambitioniert für Schnappschüsse, zu beschränkt für ernsthafte Fotografie. Und doch: Könnte nicht gerade dieser Spagat der entscheidende Reiz sein?

Die Fuji X-Half könnte für Folgendes stehen: kompakt, anders, inspirierend

Vorweg muss ich sagen, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts offiziell ist. Außer dem in einem Teaser-Video gezeigten Claim “Half the size, twice the story” gibt es noch keine bestätigten Verlautbarungen. Noch sind es Gerüchteseiten wie Fuji Addict und Fujirumors, die die folgenden Eckdaten zur Fuji X-Half in die Welt der Fotograf:innen schwemmen:

  • sehr kompakt: 10,6 x 6,4 cm
  • 1 Zoll Sensor mit 20 Megapixel
  • fest verbautes 10,8mm / f2.8 Objektiv
  • optischer Sucher / vertikaler Screen
  • eingebauter Blitz

Hmm, kein Fuji APS-C, so eine kleine Sensorgröße? Die kennt man etwa aus der Sony RX100-Serie – also: klein, aber nicht Smartphone-klein. Damit bewegt sich Fujifilm in einem Segment, das lange als ausgestorben galt, aber mit der Rückkehr kompakter Digicams zuletzt wieder an Relevanz gewonnen hat.

Nein, es ist ein anderes Merkmal, das – in Kombination mit der Sensorgröße – für besonders viel Gesprächsstoff sorgt: das fest verbaute 10.8 mm f/2.8-Objektiv. Auf den ersten geleakten Bildern wirkt das Objektiv fast zu kompakt für den Body – mich erinnert es etwas an das Aussehen der Minox 35-Kameras oder an die Anmutung der Contax T2. Doch was bedeutet diese Brennweite eigentlich in der Praxis?

Dazu machen wir einmal den Taschenrechner-Move: Bei einem 1-Zoll-Sensor (Crop-Faktor ca. 2.7) entspricht die gemunkelte Brennweite von 10.8 mm etwa 29 mm Kleinbildäquivalent. Damit bewegt sich das Objektiv im moderaten Weitwinkelbereich – ein klassischer Allrounder, ideal für Street, Alltag und Dokumentation. So etwa wie die Ricoh GR-Serie, die Leica Q-Kameras oder auch die neue Fuji RF100. So weit, so gut.

Was die Lichtstärke betrifft, ist f/2.8 auf einem 1-Zoll-Sensor allerdings nicht mit der Lichtausbeute einer APS-C- oder Vollformatoptik mit f/2.8 zu vergleichen. In puncto Bildwirkung – insbesondere der Schärfentiefe – entspricht das eher einem f/5.1 auf APS-C oder f/7.6 auf Kleinbild. Freistellung ist damit eigentlich nicht möglich – und genau das ist der Hauptkritikpunkt, der immer wieder genannt wird. Damit sprechen ihr viele die Ernsthaftigkeit der Kamera ab.

Die geringe Schärfentiefe als Vorteil?

Dabei könnte man den Spieß doch einmal umdrehen. Die größere Tiefenschärfe könnte ein immenser Vorteil sein. Fotografieren aus der Hüfte mit hyperfokaler Distanz? Wäre nun auch bei deutlich weniger Licht möglich. Layern und Ebenen aufbauen, in denen alle Bereiche scharf sind – also schon mit Blende F4 möglich? In Kombination mit der geringen Größe der Kamera eine echte Immer-dabei-Lösung für die Street-Fotografie.

Ich sehe in diesem Kamerakonzept kein „Weniger“, sondern eher ein „Anders“. Eine kreative Nische. Etwas, das zum Ausprobieren einlädt. Spontanität, Flexibilität, Kreativität – das sind die Stärken, die diese Fuji X-Half mitbringen könnte. Zwei Bilder im Diptychon aufnehmen? Geschichten in Paaren erzählen? Eine Kamera, die zum Scrollverhalten auf dem Smartphone passt – vertikal gedacht, spontan genutzt. Und doch mit der Haptik und Bildqualität, die ich von Fujifilm erwarte. Dazu die Filmsimulationen. Sicherlich kein Ersatz für eine APS-C-, Kleinbild- oder Mittelformatkamera. Und auch nicht für das Smartphone. Aber vielleicht der perfekte fotografische Skizzenblock für unterwegs. Mit der spannenden Frage, ob sie in einigen Disziplinen der „erwachsenen“ Fotografie tatsächlich mithalten kann – etwa, was die Performance im High-ISO-Bereich oder das RAW-Potenzial betrifft.

Für wen könnte die Kamera nun sein?

Wenn es so viele Kritiker:innen gibt, ist die Frage berechtigt: Für wen ist diese Kamera überhaupt gedacht? Für den professionellen Einsatz könnte der Sensor zu klein sein, für Einsteiger:innen das Preis-/Leistungsverhältnis womöglich zu hoch (750-800 Euro stehen derzeit im Raum). Und für Influencer:innen gibt es längst Smartphones mit Porträtmodus und KI-Zauber. Die X-Half – wenn sie denn nun wirklich so heißen wird – muss sich also eine ganz eigene Nische erobern. Eine Kamera für Enthusiast:innen, die sich gerne selbst limitieren. Für Minimalist:innen. Oder einfach für Leute, die gerne Neues ausprobieren.

Natürlich wird diese Kamera nicht für jede:n sein. Und das ist gut so. Viel zu oft sind Kameras heute glattgebügelt, beliebig, auswechselbar. Diese hier könnte Haltung, könnte Charakter haben. Allein das macht sie für mich spannender als das nächste klassische „X-Update“. Wenn Fujifilm mutig genug ist, dieses Konzept einer völlig neuen Art einer 1-Zoll-Kompaktkamera wirklich zu bringen, dann will ich sie ausprobieren. Ich bin jedenfalls super gespannt.

Wie siehst Du das? Soll ich die Kamera hier auf meinem Blog testen? Schreib mir gerne deine Meinung zur Fuji X-Half in die Kommentare.

16 Gedanken zu „Die Fuji X-Half: Gedanken aus der Gerüchteküche. Oder: Warum ich auf die Half Frame wirklich sehr gespannt bin.“

  1. Danke für Deine Einschätzung! Ich bin mal gespannt, was da am 22.05. auf uns zukommt. Für mich seit langem aber eine Fujifilm Neuerscheinung, die mich neugierig macht.

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  2. Hi Florian,

    das ist ja mal spannend: wir sind mal endlich nicht einer Meinung. 🙂
    Na ja, Meinung ist vielleicht zu viel gesagt, vielleicht Sichtweise oder Interesse. Bisher hat mich kaum eine Ankündigung einer Kamera so uninteressiert zurückgelassen wie diese. Ich habe irgendwie nur mit den Achseln gezuckt und fand die Kamera zudem – zumindest den ersten Fotos nach – total hässlich. Und der Sinn erschloss sich mir auch bisher nicht. Wahrscheinlich bin ich aber auch von dem Weg, den Fujifilm eingeschlagen hat (wieviele Kameras bzw. Kameratypen haben die jetzt eigentlich?), zunehmend enttäuscht. Wie dem auch sei, mal sehen, wie das ausgehen wird…

    VG Peter

    P.S. Mit der Dyptichon-Bemerkung hättest Du mich fast gehabt, aber dafür so eine Kamera… ne 😉

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    • Hi Peter, danke Dir für Deine Meinung. Und ja, endlich sehen wir mal was unterschiedlich, haha. Ich bin wirklich gespannt, tatsächlich auch ob und wie mir das Äußere gefallen wird. Und ich habe tatsächlich derzeit keine (digitale) Kamera für die Hosentasche, das könnte eine sein! Liebe Grüße Florian

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  3. Neugierig bin ich auch. Ja teste mal. Das schau ich auf jeden Fall an. Bis jetzt weiß ich noch nicht, was ich davon halten soll.
    VG Jens

    Ein stiller Mitleser, meistens 😉
    Aber immer interessant geschrieben. Schau gern vorbei

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  4. Halbformat bezieht sich ja ursprünglich auf die Halbierung eines 3:2 Formates, um dann ein halb so großes Hochformat zu erhalten. Dadurch wurde nur der Vorteil der doppelten Filmausnutzung erreicht.
    Betrachte ich jetzt den Versuch von Fuji in dieses Format (1 Zoll Sensor) zu stoßen, sehe ich nur einen Vorteil für Handyknipser, deren Wahrnehmungswelt hochkant angelegt ist 🙂
    Ich fotografiere selbst mit dem Handy fast nur querformatig. Meine Welt ist halt so..
    Ich weiß nicht, was Fuji sich von dem Konzept verspricht. Es gibt ja genügend sehr, sehr gute Kameras von anderen Herstellern, die sich wohl mehr oder weniger gut vermarkten.
    Technisch dürfte da Sony mit der RX100 Serie da nur sehr schwer zu überholen sein.
    Ohne jetzt das Fuji Produkt genauer zu kennen, bleibt mir da nur die Nische Hochkant, was bei mir ein Ausschlussmerkmal ist.
    Am Ende ist die Bezeichnung Halbformat ein Gag des Marketing.
    Denn ein Fotosensor ist immer so groß oder klein, wie er gerade ist.
    Und die Brennweite passt sich an den Sensor an.
    LG
    Peter

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  5. Natürlich ist Kompaktheit für manchen entscheidend. Aber in Konkurrenz der vorhandenen Kompaktknipsen. nur dann, wenn das übrige Konzept von Fuji wie z.B. die Filmpresets als Charakter dazu kommen.
    Bewährte Kompaktkameras mit 1 Zoll Sensor gibt es ja einige. Und die spielen in einer technisch hohen Liga. Auch preislich. Ich denke, das will Fuji auch anzapfen.
    Und Smartphones mit dieser Sensorgröße sind auch am kommen…

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    • Tatsächlich ist das Konzept aus meiner Sicht auch deswegen so spannend weil es auch direkt mit den Smartphones konkurriert… und ich sehe Deinen Punkt, dass da ein 1 Zoll Sensor nicht dauerhaft ein Wettbewerbsvorteil sein dürfte…

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  6. Hallo Flo,
    ich habe schon damals die erste Sony RX100 mit 1 Zoll Sensor gekauft und bin nie enttäuscht worden. Mit der Zeit habe ich dann auf die RX100 V gewechselt. Obwohl ich diese nicht mehr so oft nutze. Man kann mit der Sony bei f1.7 auch gut freistellen , kein Problem. Das wird mit der Fuji so nicht möglich sein. Die Fujifilm X-Half ist ein mutiger Schritt in eine kreative Nische und könnte besonders für Content Creator und Fotografie-Enthusiast:innen interessant sein, die nach einer kompakten, stilvollen Kamera mit Retro-Charme suchen. Ob sie jedoch den Erwartungen der breiten Masse gerecht wird, bleibt abzuwarten. Eher nicht. Aber es geht hier mehr um den Spaß und der Limitierung der Kamera. Aber Fujifilm war schon immer mutiger als andere Kamerahersteller und das sollte man auch hier erwähnen und positiv bewerten. Mal sehen vielleicht schlage ich auch zu, obwohl der Preis schon nicht ohne ist. Gruss Klaus

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    • Hallo Klaus,
      Danke auch Dir für Deine Einschätzung auch vor dem Hintergrund Deiner Erfahrungen mit der RX Serie. Ich finde diesen Mut auch klasse, dass Fuji immer eigene Wege geht. Und daher bin auch davon überzeugt, dass die X-Half ihre Fans finden wird. Viele Grüße Florian

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