Ihr wisst, dass ich in den letzten Jahren häufig zu Filmkameras greife und die digitalen Geräte dafür auch mal liegen lasse. Manchmal, wenn ich einfach Lust auf analoge Fotografie habe – manchmal aber auch, weil ich ganze Projekte bewusst analog fotografieren möchte.
Mit dieser Serie möchte ich euch in mehreren Artikeln von Khrome erzählen – meinem analogen Zuhause in Hamburg. In den letzten vier Jahren ist zwischen uns eine besondere Beziehung entstanden, die mit einer Agfa Isolette begann und seitdem immer wieder neue Wendungen genommen hat.
Es war mitten in der Pandemie, irgendwo zwischen zweitem und drittem Lockdown, als ich zum ersten Mal von Khrome hörte – einem neu eröffneten Geschäft für analoge Fotografie, mitten in der Hamburger Innenstadt. Ein Laden, wie es ihn in der Stadt bis dahin nicht gab. Wir schreiben das Jahr 2021, die Retrowelle der Analogfotografie hatte längst Fahrt aufgenommen und in vielen Städten Deutschlands hatten sich Fachgeschäfte und Labore für Filmliebhaber:innen gegründet. Nur eben nicht in Hamburg. Bis auf der Landkarte der deutschen Analoggeschäfte auf einmal Khrome auftauchte.

Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch: ein unscheinbarer Eingang in der Kaiser-Wilhelm-Straße, dahinter ein heller, kleiner Raum, gefüllt mit Kameras, Objektiven, Filmrollen – und dieser besonderen Mischung aus Leidenschaft und Ruhe. Wie ich gleich lernte, stammt die Einrichtung aus einer alten Apotheke aus Ostdeutschland, dekoriert mit alten Leuchten von Agfa und Kodak.
Vom ersten Moment an ist mir klar: Das ist nicht einfach ein Fotoladen. Das ist ein Ort für Menschen, die analog fotografieren, denken, schauen. Pathetisch gesprochen – ein Ort der Liebe.
Die Afga Isolette
An diesem ersten Tag bleibe ich länger, als ich eigentlich vorhatte. Wir kommen ins Gespräch mit Oliver Heinemann, einem der beiden Gründer von Khrome. Er erzählt uns von der Idee hinter dem Laden, von alten Objektiven, Formaten, Belichtungsmessern – und von einer Kamera, die mich neugierig macht: von der Volkskamera ihrer Zeit, von der Agfa Isolette. Mittelformat, klappbar, leicht. So etwas wie der Kompromiss zwischen Hosentasche und ernstzunehmender Kamera. Ich muss mich nicht lange überzeugen lassen – ich nehme sie mit. Vielleicht, weil sie mir gefällt. Vielleicht aber auch, weil ich in diesem Moment das Gefühl habe, dass dieser Laden bleiben soll. Und ich durch den Kauf ein klein wenig dazu beitragen kann.

Damals hatte ich Zweifel, ob sich Khrome wirklich halten würde. Mitten in der Pandemie eröffnet, dazu noch an dieser Straße, die eine ewig währende Baustelle zu sein schien. Und das angesichts ständiger steigender Filmpreise. Würde die analoge Welle wirklich anhalten? Und könnte Khrome diese Herausforderungen wirklich stemmen?
Nun, heute bin ich schlauer, meine Sorgen waren völlig unbegründet. Inzwischen ist der Laden gewachsen, die Fläche erweitert, das Sortiment noch breiter. Und mit Khrome Fine Art kam vor gut einem Jahr ein zweiter Standort dazu – ein Labor, in dem heute entwickelt, gescannt und vergrößert wird, was früher Open Eyes war. Khrome ist gekommen, um zu bleiben. Und meine Agfa Isolette funktioniert heute noch genauso zuverlässig wie bei meinem Kauf vor knapp fünf Jahren (lest hier meinen Bericht zur Agfa Isolette).
Khrome – ein Ort des Austausches
In den Monaten danach kehre ich immer wieder zurück. Manchmal, um frischen Film zu kaufen oder um Kameras anzuschauen. Manchmal aber auch einfach, um ein paar Minuten zu schnacken – eben über die analoge Fotografie. Oder auch wie es mit der immer währenden Baustelle vor der Tür weitergeht.

Im Frühjahr 2022 eröffnet Khrome auch sein Lab und ich nutze schon in der ersten Testphase die Möglichkeit, Filme entwickeln zu lassen. Wenn Du Stammleser:in bei mir bist, dann erinnerst Du Dich vielleicht an meinen Artikel über Online Labs in Deutschland (kannst Du hier nachlesen) und wie ich verschiedenste Labore getestet hatte. Mit dem Khromelab hatte ich sehr schnell mein neues Lieblingslabor gefunden. Seitdem habe ich bis heute 69 Filme bei Khrome entwickeln lassen, darunter waren Kleinbild- wie Mittelformatfilme, C41 wie auch Schwarzweiss-Entwicklungen. Über meine Erfahrungen schreibe ich Euch aber in einem der nächsten Teile dieser Khrome Serie.
Khrome auf Hamburgs Fotomesse: Khromeland x Photopia
Im Herbst 2022 zieht es mich auf die zweite Ausgabe der Photopia (über die Premierenmesse hatte ich hier geschrieben), der großen Fotografiemesse in Hamburg, die inzwischen leider wieder eingestellt wurde. Sowohl 2022 als auch 2023 ist Khrome mit einem eigenen Stand auf der Messe präsent. Wobei „Stand“ wirklich untertrieben ist, schließlich nimmt das inzwischen auch personell angewachsene Team einen ganzen Bereich der Messehalle in Beschlag und nennt es entsprechend „Khromeland“.

Es ist ein kleiner Traum für alle Liebhaber:innen der analogen Fotografie: Vorträge, Diskussionsrunden, Repair-Angebote und natürlich das Khrome Sortiment. Ihr müsst Euch das auf der Zunge zergehen lassen: all das auf einer Consumer Messe, deren Zielgruppe die klassischen Fotograf:innen der 2010/20er Jahre sind. Und so reiben sich manch gereifte Canon/Nikon/Sony Fotograf:innen verwundert die Augen, was im „Khromeland“ alles passiert und wie die analoge Fotografie wieder lebt.
Khrome und Workshops für analoge Fotografie
Ein Teil des Konzeptes von Khrome sind die Workshops. Einerseits richten sie sich an Einsteiger:innen der analogen Fotografie, es gibt aber auch Workshops für spezielle Themen, die sich auch an fortgeschrittene und ambitionierte Fotograf:innen richten. Im Sommer 2023 nehme ich an der Veranstaltung „Analoge Portraitfotografie in Schwarz-Weiss“ teil und lerne mal wieder unglaublich viel. Die Mischung aus Theorie und der Praxis ist perfekt, ich verschieße zwei Rollen Film und bin mit den Ergebnissen zufrieden.


Noch besser: Auch unser Model Maria und Workshopleiter Linus sind happy mit dem Output – das höre ich in der Nachbesprechung ein paar Wochen später. Über den wirklich tollen Workshop habe ich einen ausführlichen Artikel geschrieben und bin seitdem mit Linus immer wieder im Austausch.
Vom Negativ zum Buch
Kamerakauf, Filmentwicklung, Workshops – was noch fehlt? Khrome war mir auch ein wichtiger Partner bei der Erstellung meines 2024 erschienenen Bildbandes Pollino. Die Schwarzweiß Aufnahmen von meiner Schneeschuhwanderung auf die Hochebene des süditalienischen Nationalparks „Monte Pollino“ hatte ich auf Ilford Delta geschossen und bei Open Eyes in Hamburg-Hoheluft entwickeln lassen. Also, in diesem Labor, das heute mit derselben Belegschaft Teil des „Khrome“-Teams ist. Das konnte ich damals im Februar 2022 natürlich noch nicht wissen, mir war das auch noch nicht klar, als ich Anfang letzten Jahres die Negative noch einmal hochauflösend hatte scannen lassen – bei Khrome in der Kaiser-Wilhelm-Straße.

Diesen neuerlichen Scan hatte ich in Auftrag gegeben, weil ich aus dem Projekt ein Buch machen wollte. Was ich zurück bekomme, ist perfekt geeignet: Hochauflösend, kontrasttreu und irgendwie ruhig. Ich erinnere mich noch an den Moment, als ich zum ersten Mal die fertigen Daten sah – wie viel von der ursprünglichen Stimmung im Korn geblieben ist, wie weich das Licht in den Schatten läuft.
Was mich am meisten freut: Pollino liegt seit Erscheinen auch bei Khrome im Regal. Nicht nur, weil es schön ist, sein eigenes Buch in einem Laden zu sehen. Sondern weil dieser Ort ein echter Teil der Entstehung war, ohne dass das mir bei jedem Schritt auch bewusst gewesen ist.
Mein analoges Zuhause in Hamburg
Ich gebe zu: Mein analoges Zuhause als Überschrift klingt vielleicht ein wenig pathetisch. Aber wenn du bis hierher gelesen hast, weißt du, warum sie für mich passt. Khrome hat sich still und leise in mein Herz geschlichen – und ich freue mich jedes Mal aufs Neue, dort vorbeizuschauen.
Ständig gibt es etwas Neues zu entdecken: ein Buch, ein Gadget, ein Gespräch. Erst vor ein paar Tagen habe ich wieder zwei Rollen aus dem Altona 93-Projekt abgegeben – und mir, wie so oft, die Lasche aus einer noch nicht ganz voll fotografierten Rolle ziehen lassen. Das Team ist geduldig, hilfsbereit – und nimmt sich immer Zeit, egal wie viel gerade los ist. Apropos Geduld: Es ist kaum zu glauben, aber selbst die Kaiser-Wilhelm-Straße vor der Tür ist inzwischen fertiggestellt.
Und von abnehmendem Interesse kann keine Rede sein. Khrome ist heute, im Jahr 2025, beliebter denn je. Gerade erst hat das „Season Opening“ stattgefunden. Die 100 bereitgestellten Filmrollen für den Photojam waren innerhalb weniger Minuten vergriffen. Mit so viel Zuspruch hatte wohl niemand gerechnet – ein weiterer Beleg dafür, welche Bedeutung dieser Ort für viele hat. Und wie es Khrome gelingt, vor allem junge Menschen für die analoge Fotografie zu begeistern.

Vielleicht liegt gerade darin der Reiz: Khrome steht für etwas Greifbares – als wohltuender Kontrast zur allgegenwärtigen digitalen Welt. Ein Gegenpol zur Cloud, in die wir alles hochladen – und manches auch verlieren. Bei Khrome, wie bei der analogen Fotografie selbst, geht es um Haptik, um Geruch, um das Vergängliche – aber auch um das Bleibende. Und um ein Kulturgut, das wiederentdeckt wurde. Nicht umsonst hat die UNESCO die Analoge Fotografie jüngst als immaterielles Kulturerbe in Deutschland anerkannt.
Meine Geschichte mit Khrome ist damit nicht zu Ende – im Gegenteil. Im Februar war ich mit meiner Minolta XD7 in Finnland unterwegs (einen ausführlichen Bericht mit den Digitalaufnahmen findest Du hier). Die Negative wurden frisch entwickelt, die Scans stammen – natürlich – von Khrome. Und zum ersten Mal durfte ich dabei auch neue Produkte und Scanverfahren testen.
Was dabei herausgekommen ist, zeige ich euch im nächsten Teil meiner Khrome Story.
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Hi Florian,
mal wieder ein sehr spannender Bericht. Mach doch mal etwas über die Minolta XD7 ich glaube da hast du auch nichts drüber geschrieben, oder ?
LG Klaus aus Mönchengladbach
Danke Dir Klaus. Nein, über die XD7 habe ich noch nichts geschrieben, steht aber auf meiner Liste, kommt irgendwann mal 🙂 Liebe Grüße Florian
Eine sehr schöne Story hast du geschrieben, Florian! Es ist passend dazu eine aktuelle Arte Doku erschienen, die Liebe zum Analogen:
https://www.arte.tv/de/videos/121399-005-A/twist/
Analoge Grüße, Patrick
Danke Patrick für diesen Hinweis, werde ich mir anschauen!