Analoge Portraitfotografie – ein Khrome Workshop in Schwarz-Weiß

Wenn Du meinem Blog schon länger folgst, dann weißt Du, dass ich „auf Workshops stehe“. Ich finde es total inspirierend, Fotograf:innen zuzuhören, von ihnen zu lernen und sich Sachen abzuschauen. Nicht zuletzt auch, weil es immer sehr viel Spaß macht, den anderen Teilnehmer:innen von Masterclasses, Fotokursen und Workshops zuzuschauen und zu verstehen, wie man Aufgabenstellungen auch anders hätte lösen können. Dieses Mal hatte mich die Ausschreibung des Hamburger Paradieses für Analogfotografie gelockt. Die Rede ist natürlich von Khrome. Und von einem Workshop für Portraitfotografie.

An einem Samstag Vormittag im Juni treffen wir uns in einem Fotostudio in Bahrenfeld – wir sind acht Teilnehmer:innen, unser Workshopleiter Linus und seine Freundin Maria, die auch gleichzeitig unser Model sein wird. Während unsere Vorerfahungen im Bereich der Portraitfotografie höchst unterschiedlich sind, einigt uns die Liebe zur Analogfotografie. Wir fotografieren heute nämlich auf FIlm, mit dabei sind zwei Mittelformatkameras (eine Hasselblad und eine Mamyia), zwei Nikons (F2 und F80) sowie gleich vier Kleinbild Minoltas. Zur letzteren Gruppe zähle auch ich, denn ich habe meine erst vor wenigen Wochen in Tokio gekaufte Minolta XD (die japanische Bezeichnung für die sehr populäre Minolta XD-7) am Start (zur Kamera werde ich in absehbarer Zeit noch einen eigenen Beitrag schreiben).

„I’m ok with failure“

Bevor wir zur Tat schreiten bekommen wir von Linus eine ausführliche Einführung in die Geschichte der Portraitfotografie. Er bereitet die Thematik mit vielen Beispielen sehr anschaulich auf und es gefällt mir sehr, dass wir stark von einer kunstheoretischen Betrachtung kommen. Wir beschöftigen uns intensiv mit den verschiedenen Gattungen der Portraitfotografie und nähern uns darüber den technischen Aspekten, nämlich den Grundlagen der Lichtsetzung, den wichtigsten Regeln und wie man sie am Besten bricht.

Während ich die Theorie in meinem Kopf verarbeite, an Catchlights und Rembrandlichter denke, muss ich immer wieder auf den Aufkleber schauen, der auf dem Laptop von Linus klebt: „I’m ok with failure“. Genau das versucht er uns klar zu machen: Probiert aus, macht Fehler, seid anders in Eurer Fotografie. Erlaubt ist sowieso alles. Aber: Ihr seid schlau, wenn Ihr einen externen Belichtungsmesser nutzt 😉

Film rein und los gehts

Auf die Theorie folgt die Praxis, wir probieren das Gelernte aus. Maria hat mehrere Outfits dabei und im Studio steht uns alles Mögliche zur Verfügung, was man zur Lichtsetzung so gebrauchen kann. Zudem ist Linus immer am Start und setzt den Belichtungsmesser ein, um uns die korrekten Werte durchzugeben. Und die Teilnehmer:innen, die gerade nicht dran sind, helfen das Setting so umzusetzen, wie es gerade gewünscht wird.

Wir bekommen alle einen Ilford HP5+ 400, den wir in unsere Kameras einlegen, ob Kleinbild oder Mittelformat. Ich habe mir vorgenommen, erst einmal ein paar Behind the Scenes zu schießen, schließlich ist dies der erste Film überhaupt, den ich mit meiner Minolta XD schieße.

In Japan habe ich mir nicht nur die Minolta XD gekauft, sondern auch gleich mein Lieblingsobjektiv dazu, nämlich das Minolta MC Rokkor 55mm F1.7. Ich hatte das vor Jahren immer wieder an meinen Fuji X Kameras im Einsatz und hatte es auch schon mal in Zusammenhang mit dem Pixco Speedmaster erwähnt und in einem Beitrag verarbeitet. Wie das eben so ist, hatte ich aber es in einem Wahn von „ich verkaufe alle meine Objektive, die ich nicht benötige“ abgestoßen. Und erst vor wenigen Wochen in Kyoto wieder gekauft. Dazu schlußendlich um das Minolta MD Rokkor 28mm F2.8 ergänzt. Denn das – sorry, eigentlich ein völlig anderes Thema – ist mein Hauptlearning aus meinem dreimonatigen Sabbatical: Mit der Kombination 28 und (ca.) 50 kann ich eigentlich alles machen. Jetzt also auch an der Minolta XD.

Die Behind the Scenes sind größtenteils mit dem 28er entstanden, die eigentlichen Portraitshots ausschließlich mit dem 55er. Weil ich noch Bilder auf dem Film habe, lasse ich alle anderen Fotograf:innen vor und habe noch die Gelegenheit, meinen HP5+ voll zu machen. Kurz bevor ich dran bin, lege ich einen neuen Film ein. Ich greife in meine Fototasche, angele zielsicher einen grüne Rolle Ilford und lege diese ein. Erst nach dem Shooting merke ich, dass meine zweite Rolle nun leider kein HP5+, sondern ein Delta 400 ist. Damit bin ich der einzige Fotograf, der das eigentliche Shooting mit einem anderen Film macht … (das wird mir nicht noch einmal passieren!)

Mein Portaitshooting mit Maria

Inzwischen ist es schon später Nachmittag. Wir alle schwitzen vor lauter Konzentration, aber vor allem auch weil dieser Juni Samstag zu den heißesten Tagen des ganzen Monats gehört. Ich darf das Abschluss-Shooting machen und denke, dass ich ganz viele Ideen habe bei „nur“ 36 Bildern auf meinem Film.

Und dann kommt es ganz anders, ich merke, wie anstrengend die Arbeit ist. Mein Model Maria ist wirklich super und spielt perfekt mit. Jede Szene, jede Anweisung funktioniert fantastisch. Ich finde, wir haben eine richtig gute Connection, Model und Fotograf – es funktioniert. Und das, obwohl Maria schon den ganzen Nachmittag posiert, was das Zeug hält. Stellt Euch das mal vor, Ihr müsstet über Stunden hinweg für sieben Fotograf:innen modeln!

Wir probieren viel aus und während des Fotografierens wechsele ich von Offenblende 1.7 immer wieder zurück zur sicheren Bank, irgendwo im Bereich F4 bis F8. Ich habe ja noch keine Ahnung, wie gut dieses Objektivexemplar performt, wie die Kamera abliefert und wie sauber ich bei Offenblende mit der XD fokussieren kann. Wir verändern immer wieder das Setting, mal vom Stativ aus, mal frei. Mal mit reinem Studiolicht, mal mit Available Light. Nach etwa 30 Bildern bin ich fix und fertig und beende mein Shooting vorzeitig, ich habe das Gefühl, dass ich meine Aufnahmen im Kasten habe.

Was vom Workshop Analoge Portraitfotografie bleibt

Eine Woche später bekomme ich von Linus den Downloadlink zu den beiden Filmen. Ihr wisst schon, den HP5+ für die Behind the Scenes und den Delta 400 für das Portraitshooting. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, auf das was da kommt. Nämlich sowohl in Bezug auf die neue Kamera als auch was meine Lichtsetzung gebracht hat. Und schließlich ob ich es geschafft habe, eine gute Connection zu meinem Model aufzubauen. Linus hat die Bilder höchstpersönlich gescannt, nachdem sie im Khromelabor entwickelt wurden, gepusht um eine Stufe.

Ich bin ganz ehrlich zu Euch: Ich bin sehr angetan von den Bildern. Ihr seht natürlich nicht den Ausschuss, den gibt es natürlich auch. Nicht durch eine falsche Belichtung, der externe Belichtungsmesser war hierfür top. Nein, nämlich in den allermeisten Fällen dann, wenn ich zur Offenblende geneigt hatte. Zu oft war der Schärfepunkt einfach nicht in den Augen. Meine guten Shots sind in der Regel abgeblendete Aufnahmen. Hero auf meinen Bildern ist natürlich Maria selbst. Die schließlich auf dem – unabsichtlich verwendeten – Delta 400 eine wunderbare Figur abgibt.

Anfang Juli macht Linus mit uns schließlich noch eine Nachbesprechung. Wir schauen uns alle entstandenen Shots an und besprechen die Ergebnisse. Es geht um die Beleuchtung, die Framings und die Körnung. Wir staunen über den Look vom auf 800 gepushten Ilford HP5. Und ich merke genau das, was ich eingangs beschrieben habe: Workshops machen auch deswegen so viel Spaß, weil es unheimlich spannend ist, die Arbeiten der anderen Teilnehmer:innen zu sehen. Wirklich alle haben hervorragende Shots gemacht, jede:r von uns hat einen etwas anderen Stil fotografiert.

Danke

Mein Dank für diesen wahnsinnig lehrreichen und unterhaltsamen Workshoptag geht daher an Maria als auch an Linus. Ihr Beide habt das fantastisch gemacht!

Euch, liebe Leser, kann ich die Khrome Workshops daher mit gutem Gewissen wärmstens ans Herz legen. ich kann nur die Daumen drücken, dass Eure Gruppe auch so toll ist, wie wir es waren. Mein Dank geht nämlich auch an alle Teilnehmer:innen!

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