Mal wieder ein Weitwinkelobjektiv? Noch ein Voigtländer 21mm für Leica M? Ja genau, Ihr habt richtig gelesen und vielleicht auch richtig in Erinnerung: Ich habe vor etwas einem Jahr schon einmal ein Review zum Voigtländer Color Skopar 21mm F3.5 geschrieben. Warum also noch ein 21er? Reicht nicht eines?
Nun, Objektive kann man vermutlich nie genug haben. Ich gehöre zwar sicherlich nicht zu den Fotograf:innen, die zwei Hände voll 35mm-Objektive ihr Eigen nennen, um wirklich für jeden Look oder Film die geeignete Linse zu nutzen. Nein, mir reicht in der Regel eigentlich ein Objektiv pro Brennweite. Mehr Kopfzerbrechen bereitet mir meist die Kombination an Gläsern, die ich auf eine Fotoreise mitnehme.

Im Fall der Voigtländer-Objektive für die Leica M gibt es mindestens zwei äußerst spannende Optionen, die sich prima ergänzen könnten: Das von mir getestete Color Skopar F3.5, das ich seit einiger Zeit besitze und immer dabeihabe, weil es so schön klein ist. Und das lichtstarke Nokton 21mm F1.4, das ich Euch heute vorstelle.
#Transparenz
Ich hatte das Nokton 21mm F1.4 bei Voigtländer als Leihgabe angefragt und hatte drei Wochen Zeit, das Objektiv ausgiebig zu testen. Ich konnte es auf einer Schneeschuhwanderung in Finnland (Beicht mit vielen Bildern) mitnehmen und habe auch in Hamburg damit fotografiert. Dabei habe ich keinerlei Vorgaben bekommen, was und wie ich berichte. Und natürlich habe ich kein Geld bekommen für das, was ich schreibe. Ich wollte dieses (und übrigens ein weiteres) Objektiv einfach ausprobieren und bin dankbar, dass ich das völlig unentgeltlich machen konnte. Was also folgt, ist meine eigene Meinung. Und natürlich kannst Du dabei zu einem völlig anderen Schluss kommen.
Das Äußere
Fangen wir mit den Maßen an: Das Voigtländer Nokton 21mm F1.4 für Leica M ist deutlich größer und schwerer als viele andere M-Objektive. Mit 560g Gewicht, knapp acht Zentimetern Länge und etwa sieben Zentimetern Durchmesser ist es kein Leichtgewicht. Mit aufgesetzter Gegenlichtblende wirkt es nochmals wuchtiger. Falls Du aus einem anderen Kamerasystem mit großen Autofokusobjektiven kommst, dürfte Dir das jedoch immer noch kompakt erscheinen.
Wie so oft, ist es eine Frage des Blickwinkels. Für mich, der die M als Hauptsystem nutzt, ist es das größte Objektiv seit Langem – vergleichbar mit dem Summilux 21mm F1.4 oder dem Voigtländer 50mm F1.0. Mein Vergleich ist natürlich mein eigenes 21mm-Color-Skopar, doch dazu später mehr.

Das Voigtländer Nokton 21mm F1.4 passt hervorragend an meine Leica M11. Ja, es ist groß und schwer, aber keineswegs unhandlich. Ich konnte es problemlos auf meinen Schneeschuhwanderungen tragen und sicher verstauen. Das Objektiv ist außerordentlich robust verarbeitet und hat selbst bei extremen Bedingungen bis zu minus 30 Grad perfekt funktioniert. Während meine analoge Minolta XD7 mit ihren Rokkor-Gläsern bei diesen Temperaturen schnell Probleme bekam (die alte Vergütung ließ die Gläser vereisen), war das Voigtländer davon absolut unbeeindruckt.
Und schließlich soll es ja Fotofetischist:innen geben, die vom Klickgeräusch des Blendenrings nicht genug bekommen können. Wenn solche Gelüste Dein Herz höher schlagen lassen sollten, dann hast Du hiermit einen weiteren Grund, dieses Objektiv zu lieben: Das Klicken des Ringes ist wirklich unheimlich schön und geschmeidig, die Einstellungen von F1.4 bis F16 sind weder zu lose (Grüße an diverse Summilux 35er) noch zu fest. Generell lassen Haptik und Bedienung keine Wünsche offen. Und ja, die Gegenlichtblende ist beim UVP von 1.399 Euro mit dabei (derzeitiger Marktpreis bei Foto Mundus 1.299 Euro / Affiliate*).
Ein Wort zur Gegenlichtblende. Mir ist aufgefallen, dass sich der Objektivdeckel nicht anbringen lässt, wenn ich die Gegenlichtblende auf dem Nokton habe. Das erscheint mir nicht durchdacht genug. Für mich persönlich ist das allerdings kein Problem. Denn bei keinem meiner Objektive nutze ich einen Deckel, stattdessen arbeite ich mit einem (dünnen!) Schutzfilter und habe darüber immer die Gegenlichtblende darauf. Das sichert mit 1.) die beste Bildqualität, 2.) ist die Frontline damit immer geschützt, 3.) bin ich immer schußbereit und kann 4.) auch nie einen Deckel verlieren.

Die Bildqualität des Voigtländer Nokton 21mm F1.4
Das 2020 erschienene Voigtländer Nokton 21mm f/1.4 für Leica M setzt auf eine ausgeklügelte Optik mit 13 Linsen in 11 Gruppen, darunter zwei asphärische Elemente und ein Floating Element. Das sorgt für scharfe Bilder von der Nahgrenze (0,5 Meter!) bis unendlich, minimiert Verzerrungen und chromatische Aberrationen.
Als die Leihgabe von Voigtländer eintrifft, nehme ich es mit auf einen längeren Spaziergang durch Hamburg. Ich beginne an den Landungsbrücken und arbeite mich vor Richtung Elbphilharmonie, nicht ohne einen Abstecher zum (geschlossenen) Rödingsmarkt Parkhaus und zum Nikolaifleet zu machen. Ich spiele mit der Offenblende und ziemlich häufig nutze ich auch die F1.4 – schließlich ist das ein Look, den ich mit meinen anderen Objektiven nicht erzeugen kann.
Für mich ist genau dieser Look einer der Hauptgründe, das Voigtländer Nokton 21mm f/1.4 zu wählen. Während wir durch Smartphones längst an Weitwinkel- und Ultraweitwinkelaufnahmen gewöhnt sind, bleibt die Kombination aus weitem Bildwinkel und selektiver Schärfe etwas Besonderes. Gerade das Freistellen im Weitwinkelbereich wirkt ungewohnt – und genau deshalb so faszinierend.












Fast alle Hamburg Aufnahmen sind also bei F1.4 entstanden, die Leica M11 liefert ja keine verlässlichen EXIF Angaben für die Blendenwerte, daher verzichte ich darauf, diese einzublenden. Den Großteil der Aufnahmen entsteht aber bei 1.4, lediglich die letzten drei abgebildeten haben abgeblendete Werte, insbesondere natürlich die Langzeitbelichtung vom Rödingsmarkt in Richtung Michel, hinweg über die Lichtspuren auf der Willy-Brandt-Straße.
Mich begeistert dieser Look. Und ich liebe auch die spezifische Unschärfe, mit der sich spielen kann. Natürlich liegt hier mein individuelles Preset auf den Bildern, daher wäre die Beurteilung der Farbwiedergabe an dieser Stelle eine wackelige Angelegenheit. Rundum liefert das Objektiv aber auch höchstem Standard ab.
Distortion? Ja, aber korrigierbar durch das Lightroom Profil. Chromatische Abberationen? Kaum und ebenfalls korrigierbar mit dem Lightroom Profil. Vignettierung? Ja und zwar ganz ganz gewaltig bis Blende 2.8. Aber ebenfalls korrigierbar, meiner Erfahrung nach reicht das Lightroom Profil bei Blende F1.4 nicht aus und muss noch um eine positive Vignettierung von +3 ergänzt werden. Oder eben einfach so lassen, ich mag Vignetten ja sehr gerne, um den Blick zu leiten. Sofern es nicht zu extrem ist.


Das LR Korrekturprofil hilft jedenfalls schon einmal sehr gut, um die Distortion auszugleichen und sie hellt die Randbereiche sehr gut auf und kann dadurch die Vignettierung teilweise ausgleichen. Im oberen Vergleichsbeispiel ist dabei auch der Himmel und die Spiegelung im Wasser betroffen, beides hätte ich in der Nachbearbeitung für meinen Geschmack auch etwas abdunkeln zu können, um die Strukturen des Himmels noch besser zu erarbeiten.
Ich habe hier eine ganze Belichtungsreihe angelegt und Du siehst, dass ab etwa F2.8, spätestens F5.6 die Vignettierung (hier immer mit dem LR Profil) nicht mehr vorhanden ist. Hier würde ich also den Sweetspot sehen, die geschlossene Blende 16 dann nur noch, um die Langzeitbelichtung zu provozieren, im folgenden Beispiel waren es 30 Sekunden.
Die Schärfe ist über alle Blendenwerte sehr gut, in den Randbereichen bis F2.8 und bei F16 mit leichten Einschränkungen, die sich aber erstaunlicherweise in Grenzen halten. Voigtländer/Cosina ist hier ein exzellentes Glas gelungen, aber überzeugt Euch selbst davon:








Und so fotografiere ich in den folgenden Tagen mit dem Voigtländer Nokton F21mm F1.4 entweder offenblendig (um den tollen Effekt zu bekommen) oder bei F5.6/F8 um die beste Bildqualität zu erhalten. So auch, als ich Mitte Februar in das eisig kalte Lappland aufbrache. Mit im Gepäck unter anderem die M11 mit dem lichtstarken 21er. Denn da wäre ja noch der Hauptgrund Nummer Zwei für lichtstarke (Super-) Weitwinkel: Die Astrofotografie, oder genauer gesagt, das Einfangen von Nordlichtern.
Mit dem Voigtländer Nokton 21mm F1.4 in Lappland
Abgesehen vom Equipment – in erster Linie also einer Kamera selbst, ein lichtstarkes Objektiv und ein Stativ – benötigt es aber auch noch einen weitestgehend wolkenfreien Himmel sowie eben auch die Polarlichtaktivität an sich. Während die ersten drei technischen Komponenten selbstredend an jedem Abend in dieser Woche gegeben waren, haben sich die Nordlichter nur selten gezeigt. Eigentlich nur am allerersten Abend für ein paar Minuten.

Die Astro- und Polarlichtfotografie war mir also nur sehr eingeschränkt möglich, aber für ein paar Shots hatte es gereicht. Immerhin konnte ich die doch relativ schwache Polarlichtaktivität in einem Zeitbereich von 5-10 Sekunden bei geringen ISO Werten zwischen 800 und 1600 einfangen – eben dank der Lichtstärke von F1.4. Mit meinem Color Skopar 21 3.5 hätte ich die ISO um ein vielfaches nach oben treiben müssen.
Auf den ausgedehnten Schneeschuhtouren greife ich aber auch so immer wieder zur Leica M11 und dem Voigtländer Nokton 21mm F1.4. An die Größe gewöhne ich mich sehr sehr schnell und trotz der Anstrengungen einer solchen Tour stört bringt mich das Gewicht meines Sets nicht an meine Grenzen. Wenn ich eine leichte Abwechslung benötige, dann greife ich zu meiner Minolta XD7 und den Rokkor Objektiven. Ich warte derzeit gespannt auf die Ergebnisse meiner Ilford Delta 100 Fotografie…

















Wenn Du mehr zur Schneeschuhtour in Lappland lesen möchtest, dann schau doch hier mal rein in meinen Extra Bericht dazu.
Mit meinen Aufnahmen in Hamburg und in finnisch Lappland hatte ich ausreichend Gelegenheit bekommen, das Voigtländer Nokton 21mm F1.4 für Leica M auszuprobieren. Und ich muss gestehen, ich bin sehr begeistert. Das Glas überzeugt auf der ganzen Linie. Einzig und allein die Größe ist gewöhnungsbedürftig, aber das ging zumindest bei mir relativ schnell – also mit der Gewöhnung.
Im Kopf haben musst Du natürlich, dass Du im Messsucher nicht das ganze Bildfeld siehst, Du also entweder mit einem Aufstecksucher arbeiten musst, mit dem Display oder Du schätzt einfach. Aber das gilt natürlich für alle Objektive unterhalb der 28 Milimeter Grenze.
Pro und Contra: Das Voigtländer Nokton 21mm F1.4 für Leica M im Überblick
Pro:
- Sehr gute Verarbeitung – Robustes Metallgehäuse, präzise Fokusringe und ein wunderschönes Klicken am Blendenring 😉
- Hohe Lichtstärke – Ideal für Low-Light-Situationen, Nachtfotografie und geringe Tiefenschärfe bei Weitwinkelaufnahmen. Es generiert einen ganz speziellen Look
- Hervorragende Bildqualität – Sehr scharf bereits bei f/1.4, mit exzellenter Randschärfe ab f/2.8
- Geringe Verzerrung – Besonders wichtig für Architektur- und Landschaftsfotografie
Contra:
- Größe und Gewicht – es ist eines der größeren und schwereren M-Mount-Objektive
- Vignettierung bei Offenblende – Sichtbar bis F2.8/F5.6, jedoch in der Nachbearbeitung durch das LR Profil und positive Vignette korrigierbar
Das Nokton vs. das Color Skopar
Es ist ein Paar der Gegensätze, hier das lichtstarke und große Nokton, dort das super kleine, aber „nur“ 3.5 lichtstarke Color Skopar. Das Nokton knapp doppelt so teuer wie das Color Skopar. Und doch ergänzen sich die beiden Objektive hervorragend.
Das Color Skopar bleibt meine erste Wahl. Ich liebe die geringe Größe und auch die Unauffälligkeit. Ich habe es zum Beispiel bei der Fußball Europameisterschaft eingesetzt, als ich die jubelnden Portugiesen nach ihrem Sieg gegen die Türkei im Portugiesenviertel abgelichtet hatte (Projekt „Beyond the Stadiums“). Das Color Skopar ist ein Tool zur Street Fotografie und zur Reportage, wenn sie einmal weitwinkliger sein sollte. Und das Glas findet immer irgendwo Platz in Deiner Fototasche, versprochen!
Auf der anderen Seite das Nokton, das ich leider zurück schicken muss. Ich hätte es gerne behalten als die Waffe für die beste Qualität, die Landschaft- und Architekturfotografie, mit dem Doppelupgrade auf den Unschärfelook und auf die Astro-/Nachtfotografie. Wenn Du also Platz in Deinem Fotoschrank hast, dann leg sie Dir beide zu. Und das Nokton 21mm F1.4 bekommt meine uneingeschränkte Empfehlung!
Zum Weiterlesen / -klicken
Warum ich Foto Mundus für Voigtländer Objektive so gerne empfehle? Ich hatte vor ein paar Jahren mit dem Ultron 28 einen Garantiefall und musste mich an den Händler Foto Mundus wenden. Der Service war so gut, lest das unbedingt im Bericht zum Ultron 28 einmal nach. Seitdem kann ich Mundus wärmstens empfehlen und führe sie als Affiliatepartner. Wenn Du über den Link dort bestellst wird es für Dich nicht teurer, aber Du unterstützt dafür meine Arbeit. Alle Erlöse spende ich für einen guten Zweck, mehr dazu im Impressum.
- Das Voigtländer Nokton 21mm F1.4 für Leica M bei Foto Mundus (Affiliate*)
- Die Produktseite beim Hersteller
Über folgende weitere Voigtländer Objektive für Leica M Gläser habe ich hier auf meinem Blog geschrieben:
- Voigtländer Color Skopar 21mm F3.5
- Voigtländer Ultron 28mm F2
- Voigtländer Nokton 35mm F1.5
- Voigtländer Nokton 50mm F1.2
- Voigtländer Apo Skopar 90mm F2.8 (folgt)
- (und die Fuji X Variante: Voigtländer Nokton 35mm F1.2)
Mein großer Dank geht an Voigtländer / die Ringfoto Gruppe, die mir das Objektiv unentgeltlich zur Verfügung gestellt haben. Und natürlich dass ich es mit nach Lappland nehmen und dort bei extremen Bedingungen einem echten Härtetest unterziehen durfte.
Moin Florian,
vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht zum Nokton 21mm.
Ich habe schon seit langem das Leica Summilux 24mm auf meiner Wunschliste. Inspiriert durch Paul Ripke und seinen WM-Bildern, liebe ich diesen weitwinkligen Look mit der selektiven Schärfe.
Seit einiger Zeit läuft mir regelmäßig bei YouTube und Co. das Voigtländer 21mm Nokton über den Weg und jedes Mal frage ich mich, ob das wohl eine mögliche Alternative zu dem 24er Lux wäre-und jetzt kommst du mit deiner Review…
Mir geht es mit 28mm ähnlich wie dir. Ich verwende oft das TTArtisan 28/5.6, weil es so schön klein ist. Möchte ich es lichtstärker, dann nehme ich das Thypoch Simera 28/1.4. Ich finde, dass sich die zwei Objektive toll ergänzen.
So, und was mache ich jetzt? Nokton 21 oder doch lieber weiter auf das Leica 24 sparen? Das Leben ist einfach nur schön 😉.
PS: Mit Foto Munduns habe ist bisher auch nur positive Erfahrungen gemacht.
Danke Dir Ole für Deinen Kommentar. Ich kann Dich so nachempfinden, ein lichtstarkes 24er von Voigtländer, das wäre es. Ripke ist der Eine, Allen Schaller ein Anderer, der das vormacht. Ich habe dafür das Zeiss 25/2.8, ein sehr tolles Objektiv, aber eben kein 1.4.
Liebe Grüße Florian