Rund um Watzmann, Jenner und Königssee

Es ist Mitte Juni 2021, wir tragen noch immer Masken. Und können noch immer nicht so reisen, wie wir es gerne würden. Eigentlich wäre ich mit der Leica Akademie im Wettersteingebirge rund um die Zugspitze unterwegs gewesen. Aber natürlich wurde auch diese Veranstaltung abgesagt. Wenn schon ohne Leica, dann aber bitteschön doch immerhin mit Bergen!

Ganz nach diesem Motto fahre ich mit dem Finger über die Alpenkarte von links nach rechts. Nein, eigentlich ziehe ich ernsthaft nur die deutschen Alpen in Betracht, hier stufe ich das Risiko, das irgendetwas Corona-bedingt nicht klappt – mit der Anreise, den Hütten oder der Pension – am Geringsten an.

Mein Finger bleibt in den Berchtesgadener Alpen hängen. Hier wollte ich doch schon immer einmal hin. Mit dem Boot über den Königssee schippern, die Berge Richtung Watzmann erklimmen und die Gastfreundschaft im äußersten Südosten unseres Landes genießen. Nicht ohne den Blick immer wieder über die Reiteralm, den Untersberg, den Höhen Göll und das Steinerne Meer schweifen zu lassen. Gebirgsbezeichnungen, die schon viele Jahre in meinen Ohren klingen, schließlich sind hier die tiefsten Höhlen Deutschlands zuhause. Die Faszination der Unterwelt verzaubert mich eben noch immer.

Klar ist aber, ich werde oberirdisch bleiben. Auch wenn das Wetter gerade dazu verleiten würde, in die Höhlenwelt Berchtesgadens abzusteigen. Ein Hitzerekord nach dem anderen fällt in diesen Tagen. Daher fühle ich mich dazu gezwungen, immer wieder die Berge zu besteigen. Mit jedem Höhenmeter wird es kühler und angenehmer.

Berchtesgaden und der Watzmann.
Berchtesgaden und der Watzmann.

Im Vorfeld habe ich die Verfügbarkeit der DAV Hütten gecheckt, eigentlich war alles schon ausgebucht, aber im Watzmannhaus konnte ich noch einen Platz bekommen. Ansonsten bin ich von Pension zu Pension gehoppt. Gepäckmäßig war ich mit minimaler Ausrüstung unterwegs, wie schon auf der letzten Bergtour habe ich fototechnisch daher auch nur die Fuji X100V dabei gehabt. Möglichst wenig Gepäck dabei zu haben, war gerade angesichts der zu erwartenden Hitzewelle genau die richtige Wahl. Dank Corona muss ein eigener Schlafsack mit, Tests natürlich auch. Und so komme ich doch immerhin auf Zwölf Kilogramm.

#Tag 1: Der Rinnkendlsteig zum Watzmannhaus

Gleich am ersten Tag muss ich es übertreiben. Drei Faktoren habe ich nicht bedacht: 1.) Die Hitze, 2.) Die Route und 3.) Die Übung.

Über die Hitze habe ich schon ausreichend geschrieben. Alleine die Temperaturen sind schon schweißtreibend. Zweitens habe ich den anspruchsvollsten Aufstieg zum Watzmannhaus gewählt. Von St. Bartholomä geht es in zahlreichen Serpentinen steil den Hang hinauf. Es schließen sich mehrere mit Drahtseilen und Metalltritten gesicherte, ausgesetzte Passagen an. Durch den Rinnkendl – einen grabenartigen Abschnitt – erreiche ich schließlich die Kührointalm. Natürlich schon völlig fix und fertig. Es sind von hier aber nochmal 500 Höhenmeter, also 1.400 insgesamt. Und jetzt kommt Faktor Drei hinzu: auf solche Berge kann ich mich in Hamburg nicht vorbereiten. Meine letzte große Tour war eine – tatsächlich auch kräftezehrende – Wattwanderung von Amrum nach Föhr. Hallo?

Der Blick nach dem Aufstieg durch den Rinnkendl entschädigt für die Strapazen.
Der Blick nach dem Aufstieg durch den Rinnkendl entschädigt für die Strapazen.

Während ich in der vollen Nachmittagssonne die letzte Etappe zum Watzmannhaus aufsteige, kommt mir das völlig surreal vor, dass ich vor zehn Tagen noch durch das Watt gelaufen bin und jetzt auf fast 2,000 Meter Höhe am Beginn von Deutschlands markantester Bergkette stehe. Überhaupt ist es eigentlich total irrwitzig, denn es gibt keine größere Distanz im Land als Berchtesgaden und Amrum (bzw. Sylt). Auch ich lerne durch Corona die eigenen Gefilde noch besser kennen …

Das Watzmannhaus.
Das Watzmannhaus.

Deutschland ist an diesem Abend auch DAS Stichwort. Wir sind gut zwanzig Wanderer und Bergsteiger im Watzmannhaus, die den deutschen EM-Auftakt gegen Frankreich verfolgen. Der Sonnenuntergang indes ist deutlich sehenswerter als das Gekicke der Mannschaft.

Die Abendstimmung vorm Watzmannhaus - während drinnen Deutschland gerade 0:1 gegen Frankreich verliert ...
Die Abendstimmung vorm Watzmannhaus – während drinnen Deutschland gerade 0:1 gegen Frankreich verliert …

#Tag 2: Der Abstieg, Berchtesgaden und das Kehlsteinhaus

Jammerte ich über den harten Aufstieg, so ist das Leid beim Abstieg noch größer. Schließlich geht es binnen weniger Stunden wieder ganz nach unten ins Tal. Es ist frühmorgens schon wieder brütend heiß und das Gepäck auf meinem Rücken macht die vielen Stufen und Abwärtstritte noch anstrengender. Schon zum zweiten Mal frage ich mich, warum ich mich an meinen freien Tagen wieder so abmühen muss. Aber Ihr kennt das: Erst dann schmeckt das Radler so richtig richtig gut. Ganz zu Schweigen vom guten bayerischen Essen.

Die Brotzeit gehört zu Bayern.

Von der Wimbachbrücke aus nehme ich den Bus nach Berchtesgaden und bekomme so einen ersten Eindruck von der Gemeinde. Mit der Obersalzbergbahn fahre ich auf der gegenüberliegenden Talseite nach oben, wandere zum Dokumentationszentrum und passe genau die Mittagshitze ab, um in diesem Museum mehr darüber zu erfahren, wie Berchtesgaden und insbesondere dieser Obersalzberg von den Nazis für ihre Zwecke eingenommen wurde.

Von dort geht es auf das Kehlsteinhaus, wo sich das erwähnte Radler und eine zünftige Speise vor schönster Kulisse genießen lassen. Dieser Blick ist wirklich spektakulär. Und dafür muss man nicht einmal zu Fuß die Hütte erreichen. Eine beeindruckende Straße führt nach oben, die nur mit eigens eingerichtetem Busverkehr befahren werden darf. Die letzten 100 Höhenmeter kann man selbst wandern oder den genauso spektakulären Aufzug durch den massiven Fels nutzen. Definitiv ein absolutes Highlight der Gegend und so bekommt auch der Nicht-Wanderer eine Idee des Wanderns. Oder so ähnlich.

Oberschönau und der Blick zur Reiteralm
Oberschönau und der Blick zur Reiteralm

Nicht dass ich mich schon ausreichend geschunden hätte. Aber zu meiner Pension fährt kein Bus. Und so muss ich nach Oberschönau noch ein paar Kilometer machen…

#Tag 3: Am Jenner

Zeit für Erholung. Also wandere ich erst einmal zur Talstation der Jennerbahn, um mich dort in die neu erbauten Gondeln zu setzen. Auf dem Jenner, dem Hausberg von Berchtesgaden, bin ich in nur wenigen Minuten. Vorbei am Schneibsteinhaus wandere ich bergab zur Königsbachalm. Die Tour ist total easy und eine echte Erholung. Und doch bin ich mitten in der wundervollen Bergwelt des Berchtesgadener Landes mit herrlichen Ausblicken auf den Watzmann und den Königssee. Vom Jennergipfel sehe ich auch die bisherigen Ziele, das Watzmannhaus und das Kehlsteinhaus. Klar, natürlich auch die schon erwähnten, großartigen Karststöcke.

Die Jennerbahn und das Stauwasserbecken.
Die Jennerbahn und das Stauwasserbecken.

Von der Mittelstation fahre ich wieder ins Tal um dort das Flair am Ufer des Königsees zu genießen. Ein vielbesuchtes Highlight ist der Malerwinkel, ein herrlicher Blick auf den See. Abends bin ich hier jedoch ganz alleine und kann in aller Ruhe das Bergleuchten genießen.

#Tag 4: Königssee und Obersee

Wenn es in der Gegend einen Insta Hotspot gibt, dann ist es das Bootshaus am Obersee. Scharen machen sich auf, um sich auf dem zum Bootshaus führenden Steg forografieren lassen. Zumeist ist es so, dass die Jungs die Ausrüstung schleppen, die Mädchen Taschen mit verschiedenen Klamotten. Zu diesem Schluss muss man zumindest als Beobachter kommen, sogar im Corona Sommer, in dem der Anteil Besucher aus anderen Ländern deutlich geringer als sonst ist. Und den Instahype vermutlich deutlich geringer sein lässt. Schließlich sind in diesen Tagen am Königssee in erster Linie Rentner am Start.

So sieht Bootfahren auf dem Königssee aus. Im Hintergrund St. Bartholomä.
So sieht Bootfahren auf dem Königssee aus. Im Hintergrund ganz ganz klein ist St. Bartholomä.

Ich nehme morgens das erste Boot über den Königssee, vorbei an St. Bartholomä bis nach Salet. Nach einem 15minütigen Spaziergang stehe ich vor eben diesem Bootshaus am Obersee, alleine. Und kann den Hype nicht nachvollziehen. Abgesehen davon, dass ich volles Gegenlicht habe, ist die Szenerie nur halb so attraktiv, wie ich es erwartet habe. Natürlich sind der Königssee mit der Watzmann-Ostwand und eben dieser Obersee mit seiner tollen Farbe ein Augenschmaus. Dieses Bootshaus enttäuscht mich indes. Und so wandere ich um den See herum bis zur Fischunkelalm. Hier, auf der anderen Seite, steht das zweite, deutlich weniger fotografierte Bootshaus. Und genau hier mache ich eines meiner Lieblingsbilder.

Das hintere Boothaus am Obersee.
Das hintere Boothaus am Obersee.

Doch nicht genug: Wer sich umdreht, sieht Deutschlands höchsten Wasserfall, den 470 Meter hohen Röthbachfall. Von allen vier Tagestouren ist die Heutige am touristischen, aber auch am angenehmsten. Es ist quasi das Auslaufen nach einem langen und kräftezehrenden Match. Noch einmal kurz Bewegen, nicht zu anstrengend, nicht zu lange. Aber auch nochmal mit ein paar letzten Highlights der Gegend.

Es waren nur vier Tage im Berchtesgadener Land. Den Finger genau auf dieses südöstlichste Eck Deutschlands gelegt zu haben, war im Nachhinein aber goldrichtig. „Dank“ Corona war hier viel weniger los als in normalen Sommern, ganz besonders am bei Asiaten so beliebten Königssee.

Ich liebe die Visualisierungen der eigenen Route von Relive. Hier sieht man, wie ich in vier Tagen die Gegend um Berchtesgaden einmal ausführlich erkundet habe. Den ganz großen Teil zu Fuß, aber natürlich sind in der Route (und in der angegebenen Kilometeranzahl) auch Bus, Boot und die Seilbahn enthalten.

Tipps

  • Pension Gregory – mein Basecamp. Christian ist ein super Host.
  • Biergarten Kohlhiasl – fast direkt neben dem Gregory. So muss ein Biergarten sein. Zünftig, bayerisch und mit Musik!

Bilder

2 Gedanken zu „Rund um Watzmann, Jenner und Königssee“

  1. Rund um Watzmann, Jenner und Königssee. Sehr interessante Landschaften, die heute bei mir nur noch Erinnerungen erwecken.
    Es war meist sehr abwechslungsreich. Allerdings kenne ich den Watzmann nur von unten.
    Mit freundlichen Grüßen
    Jens

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