Sommerurlaub im Jahr 2020. Keine Fernreise, keine Reise in den hohen Norden, Urlaub in Deutschland, vielleicht noch in Österreich oder der Schweiz. Und wer ganz mutig ist, der wagt sich vielleicht nach Südtirol und in die Dolomiten, also in das ehemalige Epizentrum der Corona Pandemie. Mitte Juni habe ich es „getan“ und habe diese Region bereist, fast menschenleer und ohne Touristen:innen. Zum Wandern und Fotografieren in den Dolomiten.
Rückblickend hat das völlig ohne Probleme geklappt, aber in der Vorbereitung war es bis zum letzten Tag spannend, ob denn die Einreise wirklich klappt. Die Schweiz – durch die ich angereist bin – hatte erst vier Tage vorher die Grenze wieder geöffnet. Für die Dolomiten hatte ich erst kurz vorher einige Hütten reserviert, schließlich hatten diese wiederum erst ein paar Tage zuvor den Betrieb aufgenommen. Und so eröffnete sich mir diese Traumlandschaft für mich fast alleine – gerade die bei Instagram überpräsenten Dolomiten sind in den letzten Jahren immer mehr von Backpacker:innen und Tourist:innen aus aller Welt eingenommen worden. Nicht aber im Frühsommer 2020.
Die Dolomiten ohne Touristen
Wandern im Corona Sommer heißt aber nicht nur, dass weltberühmte ikonische Wahrzeichen wie die „Drei Zinnen“ völlig verlassen zu erleben sind. Es bedeutet auch, dass die meisten Busse und Seilbahnen (noch) nicht in Betrieb sind. Oder dass viele Restaurants, Pensionen und Sehenswürdigkeiten geschlossen sind. Und dass man auch im Urlaub Maske und Desinfektionsmittel nicht vergessen darf. So gelten auch auf der Berghütte des 3.152 Meter hohen Piz Boe die Corona Regeln.
Bei einer Reise in die Dolomiten bin ich im Corona Sommer 2020 also mehr auf ein Auto angewiesen als zu anderen Zeiten. Über das Stilfserjoch Meran und Bozen fahre ich in die Sextener Dolomiten. Hier verbringe ich mehrere Tage, mein Ausgangspunkt ist der Misurina See. Von hier steige ich auf zur Lavaredohütte (sehr zu empfehlen!) um am Tag darauf die berühmte Runde um die Drei Zinnen zu machen.
Frühmorgens bin ich hier ganz alleine und kann diese einmalige Atmosphäre in vollen Zügen genießen. Zwar ist es eiskalt, aber gerade zum Fotografieren sind es ideale Bedingungen, nicht zuletzt weil die Dreizinnenhütte selbst noch gar nicht geöffnet hat. Dieses Panorama kannst Du wirklich nur dann genießen, wenn Du in aller Frühe aufgestanden bist und schon eine Stunde Wanderung hinter Dir hast.
Die Drei Zinnen Region ist völlig zu Recht auf der Liste vieler Wander:innen, Naturliebhaber:innen und auch von Fotograf:innen. Die Zinnen selbst ragen so mächtig auf, es ist atemberaubend. Aber auch die ganze Szenerie rund herum ist einmalig. Gerne würde ich von Hütte zu Hütte wandern, aber es ist (fast) alles eben noch geschlossen.
Der Misurina See selbst ist durchaus auch fotogen, es ist allerdings auch ein durch viele Gebäude verbauter Tourist:innen-Hotspot. Als Basisstation eignet sich der See jedoch auch für Ausflüge zum Beispiel an den tot-fotografierten Pragser Wildsee, der meiner Meinung nach etwas überschätzt ist. Aber auch hier bin ich frühmorgens beinahe alleine.
Drei Zinnen, Misurina See, Pragser Wildsee – drei Wahrzeichen dieser Region, aber wahrlich keine Geheimtipps. In Zeiten von Corona völlig verzeihbar, aber ich bin dennoch auf der Suche nach den nicht ganz so offensichtlichen Schönheiten. Dabei helfen mir auch zwei Wanderführer für Fotograf:innen, die ich beide wärmstens empfehlen möchte.
Zwei Leseempfehlungen
Judith Niederwanger und Alexander Pichler vom „Roten Rucksack“ haben einen tollen Wanderführer für Fotografen (Amazon Affiliate) geschrieben. 45 Wanderungen in Südtirol sind detailliert beschrieben. Für mich war das Buch Wanderführer und Bildband gleichermaßen und ich habe die ein oder andere Anregung daraus enthalten. Dazu gehört auch die Wanderung durch die Armentara Wiesen. Direkt unter dem Heiligkreuzkofel gelegen zählt die Region zu den schönsten Naturschätzen der Region.
Mit diesem Wandertipp haben mich die beiden Autoren in die schönsten Wiesen des Landes geschickt. Die ausgesuchte Route verbindet den Reiz der Almen mit der Hochgebirgscharakteristik der Dolomiten; und führt schließlich auch noch an einer Eishöhle vorbei. Wer nach Südtirol fährt, der muss dieses Buch auf jeden Fall mitnehmen. Und diese Wanderung machen!
Eine weitere Empfehlung ist der Wanderführer von Marius Schwager. Unter dem Titel „Mountain Moments“ (Amazon Affiliate) beschreibt er 30 Wanderungen in den ganzen Alpen. Auch seine Tipps rund um die Drei Zinnen, die Seiser Alm und dem Villnößtal sind in meine Touren eingeflossen.
Die Seiser Alm gilt als die höchstgelegene Alm Europas und bietet unzählige Wanderrouten aber auch unendliche Fotomöglichkeiten. Meine Basisstation ist die Friedrich-August-Hütte auf dem Sellajoch. Von hier aus führt der Wanderweg zur Seiser Alm und schließlich zwischen Langkofel und Plattkofel durch die Langkofelscharte.
Selbstredend, dass die Einpersonen-Gondelbahn, die zum Sellajoch hinunterführt, dank Corona Auszeit noch nicht fährt. Eine ausführliche und – dank des Schnees im Frühsommer – anspruchsvolle Hochgebirgstour, für die sich die Friedrich August Hütte als Ausgangspunkt perfekt eignet. Wären mir nicht Wander:innen entgegengekommen, ich hätte den Aufstieg durch das Schneefeld nicht gewagt.
Der Höhepunkt meiner Dolomitentour ist im wahrsten Sinne der Piz Boe, der höchste Punkt des mächtigen Sella Gebirgsstockes.
Es ist mein letzter Tag in den Dolomiten und der Wetterbericht verheißt nichts Gutes. Also nehme ich die Seilbahn vom Passo Pordoi – tatsächlich die einzige Bahn, die überhaupt schon fährt. Die Wanderung von hier zum Piz Boe ist durchaus machbar, aber auch hier zeigt sich, dass es „erst“ Juni ist und viel Schnee den Weg anstrengend macht. Mehrere Kilometer quere ich verschiedene Schneefelder, aber auf dem 3.152 Meter hohen Gipfel wartet einmal mehr eine Südtiroler Köstlichkeit, die Speckknödelsuppe ist ein Segen und wärmt für den Abstieg. Es droht schlechtes Wetter und so muss ich mich beeilen.
Diese Wanderung ist auch schon meine letzte Wanderung und auch dieses Mal bin ich trocken und sicher im Tal wieder angekommen.
Insgesamt habe ich ein paar hundert Bilder geschossen, bin 75 Kilometer gewandert und habe über 4,200 Höhenmeter erklommen. Wichtigste „Errungenschaften“ in den Dolomiten sind aber das gute Essen und der gute Wein. Was wäre diese tolle Region nur ohne ihre kulinarischen Genüsse?
Meine Empfehlung: Kaufe Dir die beiden Wanderführer, nehme Dir ein paar Tage Zeit und genieße Natur und Kulinarik in vollen Zügen. Und vergesse sie nicht, Deine Kamera!