Eine Rückschau auf drei Bücher aus der Sommerzeit

Sommerzeit ist Urlaubszeit und Urlaubszeit ist Bücherzeit. Zwar muss ich einschieben, dass ich diesen Sommer keinen Urlaub genommen habe und dafür im Herbst noch die ein oder andere Reise plane, aber dennoch habe ich mir auch die hin und wieder eine Auszeit genommen, um mich (auch) mit fotografischen Büchern zu beschäftigen. Darüber soll es in diesem Bericht gehen.

Mit offenen Augen: Eine Wahrnehmungsschule für die Streetfotografie

Im Wesentlichen sind es drei Bücher, die mich beschäftigt haben (und teilweise auch noch beschäftigen). Erstens ist es die Neuerscheinung von Pia Parolin und Siegfried Hansen, die auf den Namen „Mit offenen Augen: Eine Wahrnehmungsschule für die Streetfotografie“ (Amazon Affiliate) hört. Beide Autor:innen verfolge ich nun schon etwas länger, umso mehr habe ich über dieses Buch gefreut. An Pia mag ich vor allem, wie sie mit ihrer sehr naturwissenschaftlichen Denke eine andere Blickweise in die Fotografie und deren Konzeption bringt. Bei Siegfried sind es diese Symmetrien und Linien in seinen Bildern. Sein aktueller Bildband „Flow of the Lines“ (leider schon vergriffen) ist Seite für Seite ein Genuss. Hier haben sich zwei Fotograf:innen gefunden, die sich perfekt ergänzen.

Herzstück der Wahrnehmungsschule ist das PILOT System von Siegfried. Wenn Du noch nie vom Eistütensammeln gehört hast, dann empfehle ich Dir die beiden Podcast Folgen, in denen Siegfried Hansen bei Gate7 (Teil 1 / Teil 2) zu Gast ist. Im Buch beschreiben die Autor:innen Sinn und Zweck des Systems und dessen Wirkung auf Dich als Fotograf:in. Eigentlich ausgeschrieben als Schule für die Streetfotografie ist das System auch auf ganz andere Disziplinen übertragbar. Denn es geht letztlich darum, die Sinne zu schärfen, um noch mehr Gelegenheiten zu finden, den richtigen Moment einzufangen. Ein ganz starkes und inspirierendes Buch, das Du nicht einfach von vorne bis hinten liest, sondern immer wieder in die Hand nehmen wirst!

Das Mädchen mit der Leica

Zweitens ist es der Roman „Das Mädchen mit der Leica“ von Helena Janeczek (Amazon Affiliate). Ich dachte an eine Abwechslung zu den Lehrbüchern und Bildbänden – an einen klassischen Roman. Gerda Taro, geborene Pohorylle, muss als überzeugte Sozialistin vor den Nazis fliehen. In Paris trifft sie auf Robert Capa, ebenfalls auf der Flucht. Aus den Beiden wird ein Paar, sie dokumentieren den Spanischen Bürgerkrieg. Taro gilt damit als erste Kriegsfotografin überhaupt, wie Capa kommt sie aber im Bürgerkrieg ums Leben und stirbt mir nur 27 Jahren. Die Geschichte an sich ist nicht nur wirklich so passiert, sondern zeugt zudem von Spannung und Tragik.

Überdies wichtig zu wissen: Dieser Roman konnte nur so geschrieben werden, weil 2007 in Mexiko ein Koffer voller Bilder aus dem Spanischen Bürgerkrieg gefunden wurde und so das Leben von Gerda Taro wieder ins Licht gerückt wurde. Vor dem Hintergrund dieses Koffers verfasste die Autorin Helena Janeczek ihre Geschichte. Leider ziemlich kompliziert geschrieben. Zig Akteure tauchen im Roman auf, ihre Namen werden in die Luft geworfen und bis sie fallen, hat man sie wieder vergessen und kann sie nicht mehr zuordnen. Zudem laufen viele Erzählstränge parallel. Sicher nicht nur deswegen, da Taro vielen Männern den Kopf verdrehen konnte. Vielleicht muss man es einfach darin geschuldet sehen, dass die Autorin naturgemäß versuchte, so nah an der Realität zu bleiben, wie es nur geht. Und da war sie nun mal auf Erzählungen von Lebensgefährten von Gerda Taro angewiesen.

Also eine Empfehlung? Ich würde es eher als Challenge sehen.

Das Buch zur Fujifilm X-T30II

Screenshot aus dem Apple Books Store: Das Fujifilm X-T30 II Fotografie-Tagebuch von Jörn Daberkow

Das dritte Buch, das mich beschäftigt hat, ist Jörn Daberkows E-Book zur Fujifilm X-T30II, eine Kamera, die ich selbst gar nicht besitze. Aber neben meiner Begeisterung für Fujifilm habe ich auch eine große Schwäche für den Formfaktor dieses Modells.

Der Grund liegt darin, dass die äußerlich fast identische Fujifilm X-T10 2015 mein Einstieg in die Welt der Systemkameras im Allgemeinen und von Fuji im Besonderen war. Wie so viele in dieser Zeit und den Jahren danach bin ich auch vom Canon und Nikon Spiegelreflexkosmos zu den neuen Spiegellosen gestoßen, in meinem Fall war eben die X-T10 die Einstiegsdroge, die mich bis heute nicht mehr losgelassen hat. Dabei hatte ich sie unter anderem im Iran, Montenegro und Albanien. Ihre Nachfolgerin X-T20 hat mich 2017 zum Beispiel nach Schottland, Schweden und Südamerika begleitet. Mit dem Formfaktor verbinde ich also viele schöne Erinnerungen, daher habe ich nicht nur die Ankündigungen von Fujifilm zur X-T30 (Frühjahr 2019) und X-T30II (Herbst 2021) verfolgt, sondern mich auch gefreut, dass Jörn dieses Frühjahr zum neuesten Modell auch eines seiner Fotobücher veröffentlicht hatte.

Ich schreibe nun absichtlich „Fotobuch“, weil es eben keine klassische Bedienungsanleitung ist. Jörn nennt es ein Tagebuch zur Kamera und schreibt genau so über seine Erfahrungen mit der X-T30II. Es sind spannende, teils auch launische Texte. Eben so, wie wenn Dein:e Bekannte:r über seine Kamera sprechen würde. Weit weg vom Fanboytum und mit gesundem Abstand zur Technik. Jörn ist ein erfahrener Fotograf, das merkt man ebenso in seiner Herangehensweise als auch an den vielen tollen Bildern im Buch.

Auch wenn es keine Bedienungsanleitung ist, ist es aus meiner Sicht dennoch ein wertvolles Buch für Einsteiger:innen. Jörn zeigt seine Konfiguration der Kamera, alleine davon kann man sich einiges abschauen. Außerdem gibt es auch ein Kapitel, das mögliche Probleme und die Fehlerbehebung klärt. Und schließlich stellt er auch seine Lieblingsobjektive vor. Besonders erstaunlich: Das riesige Fujinon 50mm F1.0 ist sein Gamechanger an der eher kleinen Fuji X-T30. Solche, für viele Fotograf:innen eher ungewöhnliche Kombinationen, machen Lust auf mehr, sie sind aus meiner Sicht Inspiration pur.

Highlight für mich ist jedoch auf jeden Fall das Tagebuch, das Kernstück des Buches. Wir alle kennen es, wie wir an neue Kameras herangehen, welche Erfahrungen wir sammeln und wie wir uns damit weiterentwickeln. Weil es Teil unseres Hobbys „Fotografie“ ist. Und Jörn schreibt eben genau darüber so herrlich nachvollziehbar. Das Beste daran: Die Geschichte geht immer weiter, denn es handelt sich um ein E-Book, das immer wieder ein (kostenloses) Update bekommt, zuletzt erst Mitte August.

Ich kann Dir das E-Book mit dem vollen Namen „Fujifilm X-T30 II. Die Kamera. Die Objektive. Das Tagebuch“ also wärmstens empfehlen. Auf derzeit 157 Seiten bekommst Du für €6,99 eine ganze Menge Fujifilm und noch mehr Inspiration. Und wenn Du dann noch nicht genug davon hast, findest Du im Apple Book Store noch mehr Fotografie-Bücher von Jörn Daberkow – an der Ausgabe zur Fuji X100V durfte ich einen kleinen Beitrag in Form eines Interviews leisten.

#Transparenz: Jörn hat mir ein E-Exemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt. Was weder meine Meinung zum Buch beeinflusst hat, noch der Grund war, warum ich hier darüber berichte. Es ist vielmehr diese Nostalgie zur Fuji X-T10/T20. Immer wenn ich in Jörns Buch schaue, überlege ich, ob ich nicht doch nochmal eine X-T10 kaufen sollte oder irgendwann mal den möglichen Nachfolger X-T40 oder X-T50? …

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