Eine Fotoreportage aus der orthopädischen Kinderklinik in Mylaudy, Tamil Nadu

Der erste Stop meiner großen Indienreise ist ein kleines Dorf ganz im Süden von Indien. Von hier aus geht es fast nicht mehr weiter „nach unten“, denn die Südspitze, das Kap Komorin (davon habe ich 2018 berichtet), ist nur wenige Kilometer entfernt. Unzählige Palmen säumen die Landschaft, die Gegend ist geprägt vom tropischen Klima und entsprechend krass ist der Unterschied zwischen dem kalten Hamburger Winterwetter und der Hitze von Südindien.

Seit über zwanzig Jahren gibt es in dieser traumhaften Landschaft eine Orthopädiestation mit einem angeschlossenen Rehazentrum, in dem Kinder aus armen Familien kostenfrei behandelt werden. Ein Team aus deutschen Ärzt:innen kommt jährlich für mehrere Wochen nach Mylaudy um hier unentgeltlich zu operieren und vor Ort medizinische Fortbildungen zu geben. Im Fokus steht vor allem die operative Behandlung von Missbildungen des Bewegungsapparates bei Kindern. Mit einer daran anschließenden Physiotherapie.

Das ist die Landschaft in Südindien. Blick von der Kinderklinik in Mylaudy.
Das ist die Landschaft in Südindien. Blick von der Kinderklinik in Mylaudy.

Meine Verbindung nach Mylaudy

Wie komme ich nun nach Mylaudy? Seit einigen Jahren engagiere ich mich für ein Kinderheimprojekt, das sich im selben südindischen Bundesstaat Tamil Nadu befindet. Ich habe in diesem Blog schon darüber berichtet (zum Beispiel hier) und mein nächster Halt auf meiner Indienreise wird auch „mein“ Kinderheim sein (dazu bald mehr). Beide Projekte befinden sich unter dem Dach einer 1965 in Schwarzenbek gegründeten „Dachorganisation. Diese unterstützt derzeit etwa 700 Kinder in 20 Kinderheimen, weiterhin wird auch 250 Familien mit vielen weiteren Kindern und etwa 170 jungen Menschen in Ausbildung und Studium geholfen. Dazu kommen individuelle Initiativen, wie die Hilfe durch Kühe und Ziegen für den Ureinwohnerstamm der Adivasi, das Frauen Projekt Arche NoA und eben die orthopädische Kinderklinik in Mylaudy, in der ich mich jetzt befinde.

Von November bis Januar waren Ärzte vor Ort, um die benötigten Operationen durchzuführen. Lest Euch gerne mal einen der Jahresberichte auf der Website der Kinderklink durch. Ich finde es sehr beeindruckend, mit wieviel Engagement hier gearbeitet wird. Als ich im Februar in Mylaudy eintreffe, befinden sich viele der operierten Kinder in der Physiotherapie. So wie zum Beispiel der 19jährige Ratheesh, der sich bis vor der Operation nur krabbelnd bewegen konnte. Inzwischen sind mehrere Monate vergangen, in der Ratheesh täglich in der Reha betreut wird und inzwischen wieder die Kniegelenke strecken und sogar selbständig stehen kann. Ich habe ihn sehr sehr glücklich angetroffen, auch wenn er vielleicht nie so normal laufen können wird, wie es die Meisten von uns ganz selbstverständlich können.

Der 19jährige Ratheesh.
Der 19jährige Ratheesh.

Ein Vormittag in der Physiotherapie

Auch die Hamburgerin Paulina arbeitet ehrenamtlich in der Kinderklinik, nämlich als Physiotherapeutin. Einen Vormittag lang darf ich sie und ihre indischen Kolleginnen fotografisch begleiten. Paulina zeigt mir die Patient:innen vor, zeigt mit alle Räumlichkeiten und ermöglicht mir den direkten Zugang zur Arbeit in der Rehastation. Zu Beginn starten die Therapeutinnen mit einer Gruppenbehandlung, mit Kieselsteinen werden die Füße der Kinder massiert. Dies dient nicht nur der Regeneration, sondern trainiert auch die Nerven . Währenddessen singen wir mit den Kindern, die Begeisterung ist allen Beteiligten – Therapeutinnen, Patient:innen und deren begleitende Eltern – anzumerken. Passend zu der positiven Stimmung sind auch die vielen bunten Farben, in denen die einfache, aber funktionale Einrichtung gestaltet ist. Das Alles sauge ich auf und schwinge mit in dieser ganz besonderen Stimmung.

Was für mich aber extrem herausfordernd ist, sind die fotografischen Bedingungen. Auch wenn alles sehr farbig ist, so sind die Räumlichkeiten doch relativ dunkel, um die Hitze soweit wie möglich fernzuhalten. Durch kleine Fenster strahlt von draußen die heftige Vormittagssonne, von der Decke leuchten grelle Leuchtstoffröhren. Zum Fotografieren eine ganz schwierige Mischung, muss ich doch den Spagat zwischen den dunklen Ecken und den spitzen Lichtern irgendwie managen. Und natürlich habe ich kaum eine Chance, die Kinder und Therapeutinnen so zu platzieren, dass sie nicht in meinem Gegenlicht sitzen.

Nach der Gruppentherapie beginnen die Einzelbehandlungen, die von den Therapeutinnen, aber teilweise auch von den Eltern durchgeführt werden. Das Spektrum umfasst einmal die Bandbreite der Physiotherapie – soweit ich das beurteilen kann. Malen, Balancieren, Schaukeln, Sprechtherapie, ich kann eine ganze Menge an Übungen verfolgen. Es ist unglaublich eindrücklich, die ehrgeizigen Kinder bei ihren Übungen zu sehen, wie sie ihren Kampf gegen die Anomalien führen, unter denen sie leiden müssen.

Fotostrecke „Physiotherapie in Mylaudy“

Seht selbst, ich nehme Euch mit auf einen Spaziergang durch die physiotherapeutische Abteilung der orthopädischen Kinderklinik in Mylaudy. Ich bin mir sicher, es macht auch etwas mit Euch. Diese fröhlichen und dankbaren Kinderblicke sprechen ihre ganz eigene Sprache, oder?

Wenn Ihr etwas Gutes tun wollt, dann erzählt gerne Euren Bekannten von diesem gemeinnützigen Projekt.

Fotografiert habe ich die Strecke mit der Leica M10 und dem Voigtländer Ultron 28mm F2 und dem Voigtländer Nokton 50mm F1.2.

2 Gedanken zu „Eine Fotoreportage aus der orthopädischen Kinderklinik in Mylaudy, Tamil Nadu“

  1. Lieber Florian,
    für mich ist es noch immer eine Sensation, dass ich aus dem sehr fernen Indien ein Posting empfangen kann! Indien ist mir noch immer sehr fremd und unheimlich, denn inwändig sehe ich nur Armut, heilige Kühe und Schmutz. Dein Foto der Landschaft spricht da aber eine ganz andere Sprache! Indien ist halt ein riesiges Land. Armut ist sehr verbreitet. Wie gut ist es, dass sich Menschen wie Du um die kümmern, denen es nicht so gut geht wie uns! Deine Bilder sind sehr eindrucksvoll und geben viel von der Arbeit der Therapeuten wieder.
    Ich bin gespannt auf Deine nachfolgenden Berichte, um den Subkontinenten besser kennenzulernen!
    Viele Grüße aus dem recht kühlen Europa
    Volker

    Antworten
    • Herzlichen Dank, Volker, für Deinen Kommentar. Es ist in der Tat einfach eine vollkommen andere Welt hier in Indien. Freue mich, wenn ich davon etwas halbwegs realistisch beschreiben kann. Viele Grüße, Florian

      Antworten

Schreibe einen Kommentar