Rajasthan – oder: quer durch den größten Bundesstaat von Indien

Es ist das „Land der Könige“, eine magische Gegend, in der Geschichte auf die Gegenwart trifft. Majestätische Paläste, Festungen aus alter Zeit und schillernde Tempel bilden die Symbole der architektonischen Brillanz von Rajasthan. Dazu kommen das pulsierende Leben auf den Märkten, die indische Farbenpracht und faszinierende Landschaften wie die Wüste Thar. Nach meinem einwöchigen Aufenthalt im südindischen Tamil Nadu (in Mylaudy und in Sivakasi) war ich ganze drei Wochen in Rajasthan und den angrenzenden Gebieten um Delhi, Agra und Mathura unterwegs.

Rajasthan ist eine Reise für alle Sinne

Rajasthan ist der größte Bundesstaat von Indien, fast so groß wie Deutschland und auch beinahe so viel Einwohner. Eine Reise durch diesen Landstrich ist wie eine Exkursion durch die Farbenlehre. Jaiselmer und seine Festung gelten als die goldene Stadt, Jodhpur erstrahlt im schönsten Blau und die Hauotstadt von Rajasthan, Jaipur, wird „Pink City“ genannt. Der Jain Tempel von Ranakpur erstrahl ebenso im Marmorweiss wie das wohl berühmteste Gebäude der Welt, das Taj Mahal. Und der Rattentempel in der Nähe von Bikaner leuchtet Rosa. Dazwischen die Inder:innen, die gerne grellen Farben tragen, Hemden wie Saris sind gelb, blau, orange oder knallrot. Ganz zu schweigen von den farbenfrohen Holifesten (dazu in einem eigenen Bericht mehr).

An dieser Stelle ein kurzer Werbeblock und ein Hinweis auf mein Buchprojekt „Dear India. A Love Letter in Photographs“ – einige Bilder von der Rajasthan Rundreise sind hier auch enthalten. Wenn Du mehr darüber wissen willst, wirf doch mal einen Blick in meinen Shop.

Eine Reise durch Rajasthan ist aber auch eine Reise durch die Religionen, die die kulturelle Landschaft des Staates bereichert. Der Hinduismus ist natürlich die vorherrschende Religion, aber es gibt auch bedeutende muslimische, jainistische und sikhische Gemeinschaften in Rajasthan. Viele der berühmten Tempel und Paläste sind religiöse Stätten, die den verschiedenen Glaubensrichtungen von Indien gewidmet sind.

Und natürlich ist die Reise auch ein kulinarischer Streifzug. Die Küche von Rajasthan ist berühmt für ihre Vielfalt an vegetarischen Gerichten und aromatischen Gewürzen. Es gibt immer das Linsengericht Daal und ein Naan oder Roti dazu, eines der bekannten indischen Brote. Eines meiner Favoriten ist das Gatte Ki Sabzi, ein Currygericht aus Kichererbsenmehlkugeln, das mit Gewürzen wie Kreuzkümmel, Koriander und Kurkuma gewürzt wird. Die Küche von Rajasthan verwendet auch viel Joghurt und Milchprodukte wie Paneer, den berühmten hausgemachten Frischkäse. Damit wird den Gerichten eine cremige Textur verleihen. Und natürlich wird jedes Essen begleitet vom Chai, der in einem speziellen Kessel auf offener Flamme erhitzt wird. Die Inder:innen trinken ihn gerne mit Gewürzen wie Kardamom, Ingwer und Zimt, was ihm ein einzigartiges Aroma verleiht.

Rajasthan und der Tourismus

Auch in Indien hatte das Coronavirus alles lahmgelegt. Erst seit etwa einem Jahr sind Touristen wieder zurück im Land. Die Meisten davon aber entweder an den Stränden im Süden, in den großen Städten des Landes oder in Agra beim Taj Mahal. Vor allem in den westlichen Teilen von Rajasthan, also in den Grenzgebieten zu Pakistan sind kaum Touristen unterwegs und so werden wir dort sehr freudig in Empfang genommen. Überhaupt ist es immer dort, wo wenig Touristen sind, besonders nett. Das berüchtigte „Scamming“, also das Touristen so richtig übers Ohr gehauen werden erlebe ich dort überhaupt nicht, auch die lästigen Verkaufsversuche an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Delhi oder Agra sind in den weniger besuchten Gebieten kaum existent. Und so ist das oftmals schlechte Image von Indien in den allermeisten Fällen meiner Reise völlig unberechtigt. Die Menschen sind großartig. Und neugierig.

Eindrücke aus Rajasthan (und Delhi/Mathura)

Insgesamt bin ich über 2.200 Kilometer quer durch Rajasthan und die angrenzenden Bundesstaaten unterwegs. Wenn ich beschreibe, dass die Straßenverhältnisse dabei nicht immer ideal sind, dann ist das eine sehr schmeichelhafte Umschreibung der teilweise katastrophalen Umstände. Es holpert und kracht, Kühe auf der Straße vereinfachen das Vorankommen ebenso wenig wie die irre Fahrweise der Inder:innen an sich. Und auf die zurückgelegte Strecke im Zug ist nicht gerade eine Hochgeschwindigkeitstrasse. Aber – und das muss man mal gemacht haben – Zugfahren in Indien ist ein Erlebnis.

Statt eines ausführlichen Reiseberichtes lasse ich Bilder sprechen. Für mich war Rajasthan ein irrer Landstrich voller riesiger mittelalterlicher Festungen der Rajputen-Ära, wie aus einem Abenteuerroman. Dazu bemalte Elefanten, verspiegelte Paläste und Affen, die Einheimischen wie den Touristen die Brillen von den Nasen klauen.

Das magische Taj Mahal

Der Höhepunkt einer jeden Indien Reise ist sicherlich ein Besuch des bekannten Taj Mahal. Es gilt als eines der berühmtesten und meistbesuchten Wahrzeichen der Welt. Und es soll sogar das meistfotografierte Gebäude der Welt sein. Ist doch klar, dass ich daher nicht nur ein einzelnes Bild davon mache 😉

Ich muss gestehen, für mich ist dieses Gebäude so unfassbar schön. Weil ich sowieso so gerne Symmetrien mag? Weil die Farbe so fantastisch ist? Oder weil es für die Liebe steht? Es wurde im 17. Jahrhundert erbaut, um das Andenken an Shah Jahans geliebte Frau Mumtaz Mahal zu ehren. Das weiße Marmor-Mausoleum gilt als DAS Symbol der Liebe und Hingabe, und die kunstvollen Verzierungen und Edelsteine im Inneren des Gebäudes sollen eine Hommage an die Schönheit und Grazie von Mumtaz Mahal sein.

Weil ich das Taj Mahal so beeindruckend finde, besuche ich es gleich an zwei Tagen. Jeweils ganz früh zum Sonnenaufgang. Und obwohl es beides Mal viele viele Menschen sind, die mit mir zusammen das Taj Mahal besuchen, so sind es ganz meditative Momente. Ich merke, was das für ein besonderer Ort hier in Agra ist. Irgendwann werde ich ein drittes Mal vorbeikommen, soviel steht fest!

Faces of India

Das eigentliche Highlight von Rajasthan sind aber die Menschen. Vor allem in den Regionen, in denen weniger Touristen unterwegs sind, sind die Einwohner unglaublich offen. Überall ein „Welcome“ und ein „Namaste“. Und wenn Du schon einmal in Indien warst, dann kennst Du auch das Phänomen, das Dir Inder:innen auch schon mal ihre Kinder in den Arm drücken, um von Dir ein Foto zu machen. Viele Inder:innen „sammeln“ geradezu Fotos von westlichen Besucher:innen. Das mag etwas fremdartig klingen, aber ich habe es mir zunutze gemacht und ganz gerne den Spieß auch mal einfach umgedreht.

So willige ich eigentlich immer ein, wenn ich um ein Foto gefragt werde. Und nutze die Gelegenheit, direkt im Anschluss ein Portrait zu machen. Ich fotografiere ja mit der manuellen Leica M10 und daher benötige ich bei den Portraitierten immer etwas Geduld. Bis das Motiv so steht, dass nicht irgendein störendes Element aus dem Kopf ragt (klappt nicht immer), bis das Licht im Gesicht gut aussieht und der oft harsche Sonnenschein keine tiefen Augenhöhlen entstehen lässt (klappt auch nicht immer) und bis ich bei Offenblende den Fokuspunkt im Auge getroffen habe (und auch das klappt nicht immer).

Ausnahmslos alle Bilder dieser Serie mache ich mit dem durchaus für Portraits ungewöhnlich weitwinkligen Voigtländer Ultron 28mm F2. Sehr schnell merke ich, wie gut es sich dafür eignet und wie gut ich damit auch die Umgebung mit einbauen kann. Aber seht selbst, schaut Euch meine „Faces of India“ an.

Ich finde man sieht, dass es sich um eine fotografische Serie handelt. Vielleicht weil ich mit der genannten Linse durchweg das identische Werkzeug benutzt habe. Vielleicht aber auch, weil „meine“ Inder:innen etwas gemeinsam haben. Sie alle waren so offen, so freundlich und so friedlich.

Und dann ist da noch Vrindavan.

Meine letzte Station in Indien ist die Gegend von Mathura, vor allem die Stadt Vrindavan. Etwa zwischen Agra und Delhi gelegen, ist die Region im Bundesstaat Uttar Pradesh ein bedeutender Wallfahrtsort für Hindus und bekannt als Geburtsort des Lord Krishna. Es ist nochmal eine ganz eigene Region. Nirgendwo anders auf der Welt wird das farbenfrohe Holifest so frenetisch gefeiert. Weil der heilige Lord Krishna etwas damit zu tun hat. Dort, wo aus religiösen Gründen sogar Fleisch, Eier, Zwiebeln und Knoblauch verboten sind. Ganz zu schweigen vom Alkohol. Und dort, wo Dir Affen die Brillen von der Nase klauen, die sie Dir nur zurückgeben, wenn Du Glück hast. Und ihnen dazu noch ein paar indische Rupies in die Krallen drückst.

Davon aber hier mehr in einem eigenen Bericht.

Links:

4 Gedanken zu „Rajasthan – oder: quer durch den größten Bundesstaat von Indien“

  1. Du hast einen tollen Fotografieblick: keines des Fotos ist langweilig, alle erzählen eine Geschichte. Ich würde jedes sofort in Leinwandgrösse ausdrucken und aufhängen

    Antworten
    • Herzlichen Dank, Johannes 🙂 Das ist natürlich ein sehr tolles Feedback. Tatsächlich sitze ich gerade an einem Projekt, in dem ein Teil dieser Bilder gedruckt erscheinen werden … bald mehr dazu!

      Antworten

Schreibe einen Kommentar