Guido Klumpe – „Urban Essence“ (Fotobuch Plauder Ecke #23)

In unserer 23. Episode der Fotobuch Plauder Ecke stand das Thema Architektur auf dem Plan. Ich habe ein Buch ausgewählt, das erst vor kurzem erschienen ist: Urban Essence von Guido Klumpe aus Hannover. Streng genommen kein klassisches Architekturbuch, aber eines, das die gebaute Umwelt und ihre Wirkung auf ganz eigene Weise ins Bild setzt.

Wer ist Guido Klumpe?

Guido Klumpe, 1971 in Osnabrück geboren, lebt und arbeitet heute in Hannover. Schon als Jugendlicher hat er Konzerte fotografiert und mit Fotolaboren experimentiert. Nach einer längeren Pause fand er 2016 über eine Doku über Street Photography zurück zur Kamera – und ist seitdem zu einem international ausgezeichneten Fotografen geworden.

Besonders bemerkenswert: Guido ist seit Geburt auf dem linken Auge blind, auf dem rechten hat er nur etwa 25 Prozent Sehfähigkeit. Er beschreibt sein Sehen als „flach, komprimiert, abstrakt“. Was für andere wie ein Hindernis klingt, ist für ihn zur künstlerischen Stärke geworden: Fotografie ist für ihn nicht die Frage, wie viel man sieht, sondern wie man sieht.

Die Stadt als Bühne

Guido bewegt sich zwischen Minimalismus, Abstraktion und Street Photography. Er beschreibt die Stadt als „großes Legoland“ aus Farben, Flächen, Formen und Reflexionen. Die Architektur dient ihm als Bühne, auf der Passanten zu Protagonisten werden.

Seine Bilder reduzieren Tiefe, spielen mit Vorder- und Hintergrund und lassen Fassaden fast malerisch wirken. Manchmal frage ich mich beim Betrachten seiner Bilder: Ist das noch Fotografie oder schon Malerei? Genau diesen Effekt sucht er bewusst.

Urban Essence

Das Fotobuch Urban Essence, entstanden in Zusammenarbeit mit Wolfgang Zurborn, zeigt diese Bildsprache in konzentrierter Form. Guido nutzt klare Kontraste, intensive Farben und eine präzise Komposition. Heraus kommt eine Fotografie, die nicht dokumentiert, sondern neu inszeniert – und die alltägliche Architektur in ein visuelles Erlebnis verwandelt.

Gedruckt wurde Urban Essence in einer Auflage von 250 Exemplaren. Das Buch ist als Schweizer Broschur mit offenem Rücken gebunden, wodurch es sich weit aufschlagen lässt – eine ideale Form, um Guidos klare Kompositionen ohne störende Wölbung betrachten zu können. Auf Munken Rough Papier kommen die Farben intensiv, aber zugleich matt und fein zur Geltung. Mit 178 Seiten, 101 Fotografien und einem Softcover ist die Monographie handlich, bleibt aber durch ihre hochwertige Verarbeitung ein echtes Sammlerstück.

Die Bildauswahl entstand zwischen 2018 und 2024 und wurde von Wolfgang Zurborn zusammengestellt. Er hat die einzelnen Arbeiten in Serien geordnet, die nicht nur formal überzeugen, sondern auch eine rhythmische Dramaturgie entwickeln. So treffen reduzierte, fast abstrakte Architekturen auf poetische Momente des Alltags. Das Ergebnis ist ein Buch, das wie ein visuelles Essay funktioniert: stringent, verdichtet und doch offen genug, um beim Blättern eigene Assoziationen und Geschichten entstehen zu lassen.

Für mich war es ein besonderes Vergnügen, Guido und sein Buch in der Fotobuch Plauder Ecke vorzustellen. Urban Essence ist ein schönes Beispiel dafür, wie persönliche Wahrnehmung, Einschränkung und künstlerische Freiheit zusammen etwas völlig Eigenständiges hervorbringen können.

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Weitere Themen aus der Folge

Folgende weitere Zusatzthemen haben wir in der Sendung angesprochen:

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